Prothesen

Dank der rasanten Entwicklung von Technik und Chirurgie können heutzutage schon viele Teile des Körpers ersetzt werden. Die Möglichkeiten reichen vom Extremitätenersatz über Gelenkprothesen bis zum Herzklappenimplantat.

Prothesen ersetzen fehlende Teile des Körpers und übernehmen deren Funktion beziehungsweise Arbeit. Gleichzeitig dienen sie oft auch der kosmetischen Korrektur, gelegentlich dieser ausschließlich. Das ist zum Beispiel bei starren Handprothesen aus Kunststoff der Fall, die einer natürlichen Hand täuschend ähnlich nachgebildet sind. Extremitätenprothesen sind dagegen als „Arbeitsorgan“ zum Greifen, Halten und Stützen konstruiert. Alle äußerlich angebrachten Prothesen bezeichnet der Mediziner auch als Exoprothesen. Endoprothesen werden dagegen in den Körper eingesetzt; der Arzt implantiert sie. Es handelt sich dabei um Ersatz für Gelenke, Gelenkteile, Knochen, Hoden und Organteile wie beispielsweise die Herzklappen. Rein kosmetische Funktion haben Brustprothesen, die die Patientinnen nach einer Brustamputation psychisch entlasten sollen. Künstliche Gliedmaße Extremitäten beziehungsweise künstliche Gliedmaße konstruierte man schon vor Jahrhunderten, und mit der Zeit wurden diese Prothesen immer vollkommener. Endoprothesen beziehungsweise Implantate kommen erst seit relativ kurzer Zeit zur Anwendung, da es in der Vergangenheit an geeigneten Materialien und den Operationstechniken fehlte. Dank des technischen Fortschritts sowie hochwertiger Metallverbindungen sind diese Probleme heute in vielen Bereichen weitgehend gelöst.

Bein-, Arm- und Handprothesen ersetzen Gliedmaße, die aufgrund von Verletzungen, bösartigen Erkrankungen, Infektionen oder Mangeldurchblutung (z. B. Raucherbein) abgetragen, daher amputiert wurden. Überdies versorgt man damit Personen, deren Gliedmaße von Geburt an fehlgebildet sind oder fehlen.

Sorgfältige Anfertigung

Bei der Anfertigung von Prothesen werden viele Details und individuelle Besonderheiten des Patienten berücksichtigt: Alter, Größe, Gewicht, Körperbau und -haltung, seine Hautfarbe sowie der typische Ablauf seiner Bewegungen und Gebärden. Eine Rolle spielen außerdem die Lebensgewohnheiten und Freizeitbeschäftigungen des Prothesenträgers, insbesondere aber die Erfordernisse seines Arbeitsplatzes. So gut eine Prothese konstruiert sein mag – ob sie sich bewährt, hängt letztlich auch von der Einstellung ihres Trägers ab. Ausschlaggebend ist hierfür die Bereitschaft des Patienten, den Ersatz positiv zu sehen und ihn zu akzeptieren. Eine weitere Voraussetzung ist natürlich, dass die Prothese passt und gut sitzt. Bei der Formgebung und Konstruktion achtet man daher auf eine sorgfältige Anpassung des Verbindungsstücks zum Stumpf, des Kontaktbetts oder Prothesenköchers. Gelingt diese Anpassung, bleiben Gewebsreizungen aus, und der Bewegungsablauf entspricht in etwa dem natürlichen. Beides trägt dazu bei, dass der Patient den Ersatz eindeutig als Hilfe empfindet und ihn akzeptiert.

Komplizierte Bewegungsabläufe

Einige Prothesen müssen funktionell und kosmetisch hohen Ansprüchen genügen. Das gilt insbesondere für Handprothesen. Mit der natürlichen Hand kann man sehr feine, kompliziert ablaufende Gesten machen. Mit einer künstlichen Hand lassen sich allerdings nur wenige davon imitieren. Viele Prothesen sind so konstruiert, dass sie durch eine Reihe zweckmäßiger, eigens für bestimmte Tätigkeiten entwickelter Ansatzstücke ergänzt werden können. Diese versetzten den Amputierten in die Lage, präzise und vielfältige Bewegungen auszuführen, zum Beispiel ein Auto zu fahren oder einen Spaten zu benutzen. Im Vergleich zur Hand sind die Bewegungsabläufe von Hüfte und Knie gröber. Hüft- und Kniegelenk müssen nur relativ wenige Stellungen ermöglichen. Sie lassen sich deshalb mit einer Prothese so akkurat nachahmen, dass sich der Prothesenträger weitgehend natürlich bewegt. Die meisten künstlichen Gliedmaße setzen sich aus relativ wenigen beweglichen Teilen zusammen. Wissenschaftler und Mediziner arbeiten jedoch intensiv daran, kompliziertere, daher myoelektrische Eigenkraft-Prothesen zu entwickeln. Angetrieben und gesteuert werden sie über die Biomechanismen des Körpers. Solche Prothesen erlauben eine sehr exakte Steuerung der Bewegungen. Der Umgang mit einer Prothese muss erlernt und geübt werden. Wie geschickt ein Amputierter dann letzten Endes damit umgehen kann, hängt aber von mehreren Faktoren ab: erstens von einem konsequenten Training; zweitens von dem Ehrgeiz, den der Patient entwickelt, um seine neuen Möglichkeiten zu erfassen und zu nutzen; drittens von der psychischen Bereitschaft, die Prothese zu akzeptieren, und viertens von der Selbstverständlichkeit und Angstfreiheit, mit der der Betroffene die Prothese in der Öffentlichkeit zu handhaben vermag.

Prothesenträger – ihre Zahl geht in die Tausende – finden in den größeren Krankenhäusern bei Krankengymnasten und Beschäftigungstherapeuten sachkundige Hilfe. Im Zusammenhang mit der Brauchbarkeit von künstlichen Gliedmaßen stellen sich zwei Hauptprobleme: zum einen die Befestigung der Prothese am Körper des Patienten und zum zweiten die Beweglichkeit.

Beinprothesen

Für Unterschenkelprothesen gibt es eine Reihe von Befestigungsmöglichkeiten. Von großer Bedeutung ist die Höhe, in der das Bein amputiert wurde: Je länger der Stumpf ist, desto exakter kann der Patient die Prothese steuern. Die meisten Beinprothesen werden durch mehrere Anschnallriemen und durch ein Haftkontaktbett an der Prothese beziehungsweise dessen Saugwirkung an Ort und Stelle gehalten. Zu diesem Saugeffekt kommt es dadurch, dass der Stumpf in einer hohlkugelartigen Vertiefung am oberen Prothesenende, dem Stumpfbett, sitzt. Ein Patient, der in guter körperlicher Verfassung und übungswillig ist, lernt in kurzer Zeit, mit seiner Prothese zurechtzukommen. Er erlangt auch, durch Krankengymnastik unterstützt, nach und nach die Muskelkraft im erhaltenen Teil seines Beines zurück. Prothesen dieser Art werden aus Metall, glasfaserverstärktem Kunststoff und Leder gearbeitet und für jeden Patienten nach Maß angefertigt.

Armprothesen

Während auf der Beinprothese im wesentlichen das Körpergewicht ruht, sie also stützende Funktion hat, muss eine Prothese der oberen Gliedmaße weit vielfältigere Funktionen erfüllen, insbesondere viele verschiedene Bewegungen ausführen können. Die Hand ist ein sehr beweglicher und komplizierter Körperteil und eine Handprothese nach wie vor immer nur ein unzureichender Ersatz. Es laufen jedoch zahlreiche Versuche, in denen Prothesen für obere Gliedmaße mit beweglicher Hand erprobt werden, und es zeichnet sich ab, dass es mit der Entwicklung von mikrotechnischen und elektronischen Teilen zu einer entscheidenden Vervollkommnung von Handprothesen kommt. Tatsächlich wurden bereits Prothesen entwickelt, die so an die im Stumpf vorhandenen Muskeln gekoppelt werden, dass der Bewegungsablauf im Prinzip – ähnlich wie beim natürlichen Ablauf – vom Gehirn gesteuert wird. Sie werden als myoelektrische Prothesen bezeichnet und arbeiten im wesentlichen wie folgt: Elektroden registrieren die elektrischen Potentiale (Spannungsänderungen) der Muskeln, die am Stumpf verblieben sind. Diese Impulse werden dann über kleine elektrische Motoren in Bewegungen der Prothesenglieder umgesetzt. Als Problem bleibt, dass die sensible Kontrolle, die normalerweise von den Druckrezeptoren (Druckfühler) der Haut geleistet wird, fehlt. Die Folge für den Träger ist, dass er die Stärke seines Zugriffs nicht genau regulieren kann. Es stehen auch Arm- und Handprothesen zur Verfügung, deren Gelenke mit Gasdruck betrieben werden. Sie erlauben unter anderem ein sicheres Greifen und Halten mit der künstlichen Hand.