Keuchhusten

Noch um 1900 wurden in Österreich noch sehr viele Keuchhusten-Todesfälle registriert; im Jahre 1976 waren es nur noch zehn. Diese sehr ansteckende Krankheit hat also gegenüber früher an Bedrohlichkeit verloren.

Keuchhusten oder Pertussis wird durch das Bakterium Bordetella pertussis verursacht. Die Krankheit breitet sich über Bakterientröpfchen, die durch Husten oder Niesen eines Erkrankten versprüht werden, durch die Luft aus. Jeder, der noch nie Keuchhusten gehabt hat und auch nicht dagegen geimpft ist, kann sich anstecken. Die Bakterien setzten sich in der Schleimhaut der Atemwege (Rachen und Lunge) fest, wo sie eine Entzündung und die Produktion dicken, klebrigen Schleims verursachen. Dieser Schleim ruft die quälenden, krampfartigen Hustenattacken hervor.

Vorkommen

In etwa 80 Prozent der Fälle von Keuchhusten-Erkrankungen sind Kinder betroffen. Ein- bis vierjährige Kinder sind am anfälligsten. Die Sterbeziffer ist bei Säuglingen im ersten Lebensjahr am höchsten, insbesondere in den ersten vier Monaten. Während das Neugeborene im Mutterleib erworbene Abwehrstoffe gegen viele Infektionskrankheiten besitzt, ist es den Keuchhusten-Erregern schutzlos ausgeliefert: Das Kind ist von Geburt an gefährdet. Allerdings bezieht ein Baby, das gestillt wird, ein gewisses Maß an Immunität gegen Keuchhusten aus dem Kolostrum, der sogenannten Vormilch, die in den ersten Tagen nach der Geburt von den Brüsten der Mutter ausgeschieden wird. Wer einmal Keuchhusten hatte, ist sein Leben lang geschützt.

Verlauf der Krankheit

Die Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit) beträgt im allgemeinen zwischen sieben und 14 Tage – meist sind es sieben Tage. Der Patient ist nach Ausbruch der Symptome etwa vier Wochen lang besonders ansteckend. Im Krankheitsverlauf sind drei Phasen deutlich zu unterscheiden: das katarrhalische Stadium, das Krampfstadium und das Stadium der Genesung.

Das katarrhalische Stadium dauert ein bis zwei Wochen. Anfangs treten die gleichen Symptome wie bei einer Erkältung auf: Schnupfen, rote und tränende Augen, Husten und erhöhte Temperatur. Das Krampfstadium dauert zwischen drei und sechs Wochen, und in diesem Stadium kommt es zu Hustenanfällen, die zunehmend schlimmer werden und in immer kürzeren Abständen auftreten – im allgemeinen sind es 15 bis 20 Anfälle am Tag. Diese Anfälle bestehen aus fünf bis zehn Hustenstößen beim Ausatmen, gefolgt vom plötzlichen Bemühen, einzuatmen. Dabei entsteht das charakteristische Keuchen. Die Luft wird mit lautem „Hi“ durch die verkrampfte Stimmritze eingezogen. Das Gesicht wird rot oder blau, die Augen treten hervor und tränen, die Zunge wird vorgestreckt und die Nase läuft.

Diese Hustenanfälle wiederholen sich, bis es dem Patienten gelingt, den Schleimpfropf loszuwerden. Bei schweren Anfällen können kleine Kinder in Sauerstoffnot geraten. Oft enden die Anfälle mit Erbrechen. Die Anfälle können ausgelöst werden, wenn sich das Kind bewegt, gähnt, niest, isst, trinkt oder auch nur an den nächsten Anfall denkt. Zwischen den Anfällen geht es dem Patienten relativ gut. Bei Säuglingen kommt es nicht zu Hustenanfällen, sondern zu gehäuftem Niesen und Zuständen von Atemstillstand. In der Phase der Genesung lassen die Hustenkrämpfe, das Keuchen und Erbrechen allmählich nach.

Diagnose

Meist weisen die Symptome – vor allem das Keuchen – eindeutig auf Keuchhusten hin, vor allem bei Kleinkindern. Bei älteren Kindern und Erwachsenen mit einem leichten Keuchhusten ist es jedoch manchmal nicht ganz einfach, diese Erkrankung zu diagnostizieren. In vielen Fällen wird der Arzt einen Abstrich von der Nasenhöhle machen und eine Kultur anlegen. Dabei wird das entnommene Material auf einen speziellen Nährboden übertragen, wo die Bakterien wachsen können, so dass eine Diagnose möglich wird.

Blutuntersuchungen nützen nicht sehr viel, obwohl die Zahl der Lymphozyten (weiße Blutkörperchen zur Abwehr von Infektionen) stark erhöht sein kann; diese Tatsache kann die Diagnose unterstützen.

Begleiterscheinungen

Zu den häufigsten Begleiterscheinungen des Keuchhustens gehört das Zungenbandgeschwür. Dabei ist das Zungenband durch einen speckigen Belag gekennzeichnet. Als eine Folge der Hustenanfälle sowie der gefäßwandschädigenden Substanzen, die der Keuchhusten-Erreger freisetzt, kommt es sehr häufig zu Nasenbluten und zu Blutungen in die Bindehaut der Augen. Letztere verschwinden nach zwei bis drei Tagen wieder. Flohstichartige Hautblutungen – Petechien – kommen ebenfalls vor. Sie treten besonders an der oberen Körperhälfte auf. Gelegentlich können die Hustenattacken auch zu Nabel- oder Leistenbrüchen führen. Vor allem geschwächte und magere Kleinkinder sind davon betroffen. Sehr selten können auch Mastdarmvorfälle auftreten.

Die meisten Todesfälle beim Keuchhusten ergeben sich aus Komplikationen, wie etwa einer Lungenentzündung. In der Regel geht eine Lungenentzündung nicht auf Keuchhusten-Bakterien zurück; es sind vielmehr andere Bakterien, die in die bereits angegriffenen Lungen eindringen. Schleimpfropfen können die Bronchien verstopfen und bewirken, dass Lungenbezirke zusammenfallen. Diese können dann durch Bakterien infiziert werden. Fieber, Reizhusten, Atemnot und Nasenflügelatmen sind Anzeichen für eine Lungenentzündung.

Zu den schwersten Komplikationen gehört die keuchhustenbedingte Entzündung des Gehirns, die Enzephalitis. Vor allem Kinder in den ersten beiden Lebensjahren sind von dieser Komplikation bedroht. Krämpfe, Bewusstlosigkeit und Lähmungen sind unverkennbare Anzeichen. Die Enzephalitis ist die Folge vielfältiger Krankheitsprozesse im Gehirn; dazu gehören Gefäßwandschäden, Sauerstoffmangel, Flüssigkeits- und Blutstauungen. Es kommt zu Einblutungen in die Marksubstanz und Untergang von Hirngewebe. In vielen Fällen sterben die Kinder an dieser Komplikation. Überleben sie die Enzephalitis, bleiben oft schwere Dauerschäden zurück.

Auch die Mittelohrentzündung gehört zu den möglichen Komplikationen des Keuchhustens.

Behandlung

Bei der Behandlung von unkompliziertem Keuchhusten wird auf die Antibiotika- Gabe verzichtet. Lediglich Kleinkinder im Alter bis zu zwei Jahren erhalten ein Antibiotikum. Hierdurch wird vor allem Lungenkomplikationen begegnet. Viele Ärzte entscheiden sich heute bei der Behandlung eines keuchhustenkranken Kleinkindes für die Gabe von Pertussis- Hyperimmunglobulin, das sind Abwehrstoffe (Antikörper), die aus dem Blut von Menschen gewonnen werden, die bereits eine Keuchhusten-Erkrankung durchgemacht haben. Vielfach wird der Arzt dem Kind ein beruhigendes Mittel verordnen.

Schleimlösende Hustenmittel (Expectorantien) haben während des Krampfstadiums nur eine begrenzte Wirkung. Kommt es bei Kleinkindern zu Erstickungsanfall mit Blaufärbung, ist nur die sofortige künstliche Beatmung lebensrettend. Bei fieberfreiem und komplikationslosem Keuchhusten-Verlauf braucht das erkrankte Kind nicht das Bett zu hüten. Es sollte soviel wie möglich an die frische Luft. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr darf es allerdings nicht mit anderen Kindern spielen.

Die Kost sollte leicht und gut verdaulich sein. Erbricht sich das Kind regelmäßig während und nach den Mahlzeiten, ist es ratsam, die nächste Hustenattacke abzuwarten. Nach dem Hustenanfall ist die Rachenschleimhaut weniger reizempfindlich, und es ist wahrscheinlicher, dass das Erbrechen ausbleibt.
Vorbeugung

Da Keuchhusten durch Bakterientröpfchen übertragen wird, muss man sich von hustenden Patienten fernhalten. Besonders Neugeborene und Kleinkinder müssen geschützt werden. Ist ein Kind dennoch mit Keuchhusten in Berührung gekommen, kann eine Antibiotika-Gabe auch noch in der ersten Inkubationswoche, also nachdem es sich schon infiziert hat, einen wirksamen Schutz verleihen.