Petit-mal-Anfall
Im Gegensatz zum Grand-mal verläuft ein Petit-mal-Anfall (Petit mal, franz. „kleine Krankheit“) nicht so ausgeprägt. Der Anfall kommt nicht voll zum Durchbruch und dauert in der Regel auch nicht so lange. Petit-maI-Anfälle sind an bestimmte Reifestadien des Gehirns gebunden. Da sie später in den Grand-mal übergehen können, sollten sie auf jeden Fall antiepileptisch behandelt werden. Man unterscheidet verschiedene Anfallsformen des Petit-mal:
Blitz-Nick-Salaam-Krämpfe treten schon im Alter von drei bis acht Monaten auf. Es kommt – wie beim orientalischen Salaam-Gruß – zu einem blitzartigen Vorneigen des Kopfes. Manchmal ist das „Kopfnicken“ auch mit einem Anheben der Beine verbunden, zudem kann Bewusstseinsverlust eintreten. Jeder Anfall dauert zwei bis fünf Sekunden, geht gelegentlich aber auch in eine Serie über. In den meisten Fällen liegt eine Hirnschädigung zugrunde.
Myoklonisch-astatische Anfälle betreffen vorwiegend Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren. Es kommt dabei zu plötzlichen Stürzen mit Beugungskrämpfen der Arme und Zuckungen der Gesichtsmuskulatur. Hinzu kann Bewusstseinsverlust treten. Häufigste Ursache sind Hirnschädigungen.
Das Hauptmerkmal von Anfällen, die als Pyknolepsien bezeichnet werden, ist ihre große Häufigkeit. Betroffen sind Kinder vom vierten bis zum vierzehnten Lebensjahr. Es kommt dabei zu Bewusstseinspausen von fünf bis zehn Sekunden (Absencen), in denen aber automatisierte Bewegungen fortgesetzt werden können. Spricht ein Kind während eines Anfalls, bricht der Redefluss für ein bis zwei Sekunden ab. Dann fährt das Kind jedoch fort, als sei nichts geschehen. Aufgrund ihrer relativ unauffälligen Merkmale bleiben Pyknolepsien häufig lange Zeit unbemerkt. Schulkinder werden als unaufmerksam oder als Tagträumer eingestuft. Allerdings lässt sich ein Kind während eines pyknoleptischen Anfalls nicht wie aus einem Tagtraum in die Wirklichkeit zurückholen. Den Pyknolepsien liegen fast niemals Hirnschädigungen zugrunde; in der Regel sind sie erblich bedingt. Die Diagnose erfolgt durch das Elektroenzephalogramm, das für diese Art von Epilepsie ein typisches Muster aufweist.
Das Erkrankungsalter für Epileptiker mit myoklonischen Anfällen liegt zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr. Es kommt bei dieser Art Anfall zu Krämpfen im Schulter-Arm-Bereich, die sich oft nur als kleine Zuckungen äußern. Diese führen lediglich dazu, dass der Kranke etwas fallen lässt oder typische Schreibstörungen auftreten. Da die Anfälle vorwiegend in den Morgenstunden erfolgen, werden sie häufig als morgendliche Nervosität verkannt. Für myoklonische Anfälle besteht eine erbliche Veranlagung. Auch sie sollten behandelt werden.
Herdanfälle werden durch Unregelmäßigkeiten der Hirnströme ausgelöst, die auf einen Teilbereich des Gehirns beschränkt bleiben und sich nicht weiter ausbreiten. Die Symptome hängen davon ab, welcher Teil des Gehirns betroffen ist, und können sich als ein Zucken in einem Arm oder einem Bein oder in einer Gesichtshälfte äußern.
Ist das Zentrum solcher Unregelmäßigkeiten der Schläfenlappen des Gehirns, sprechen die Mediziner von einer Schläfenlappenepilepsie. Zu den äußeren Anzeichen eines entsprechenden Anfalls gehören Schmatzgeräusche mit den Lippen, Leckbewegungen der Zunge, ein Herumwerfen des Kopfes und Grimassen schneiden.
Wenn die epileptischen Anfälle rasch aufeinanderfolgen (Status epilepticus), kann es durch die wiederholte Grimassen schneiden der Atmung zu einer Hirnschädigung infolge Sauerstoffmangels kommen. Diese Form der Epilepsie ist ein medizinischer Notfall und erfordert die sofortige Behandlung breziehungsweise Einweisung in ein Krankenhaus.
Behandlung der Epilepsie
Medikamente gegen Epilepsie bezeichnet man zusammenfassend als Antikonvulsiva (Antikrampfmittel). Ihre Wirkung beruht darauf, dass sie die abnorme elektrische Aktivität im Gehirn unter Kontrolle bringen. Erstreckt sich die Therapie über einen längeren Zeitraum, können die Anfälle völlig verschwinden.
Alle Antikonvulsiva haben unerwünschte Nebenwirkungen. Eine häufige Begleiterscheinung ist Benommenheit. Der Arzt hat die schwierige Aufgabe, die Dosierung so auszubalancieren, dass einerseits möglichst wenig Anfälle auftreten, andererseits die Nebenwirkungen möglichst gering gehalten werden.
Die antiepileptische Therapie ist immer eine Langzeittherapie, die erst nach dreijähriger Anfallsfreiheit langsam abgebaut werden darf. Es ist für den Patienten nicht immer leicht, die Nebenwirkungen zu ertragen, doch sollte er bedenken, dass nur durch eine konsequente Behandlung schwere Hirnschäden verhindert werden können.
Wie man einem Epileptiker helfen kann
- Man kann einen epileptischen Anfall nicht aufhalten, aber man sollte dafür sorgen, dass der Kranke sich nicht verletzt, während er Krämpfe hat. Räume harte und vor allem kantige Gegenstände und Möbel beiseite, lösche offenes Feuer. Bleibe bei dem Epileptiker, bis der Anfall vorüber ist.
- Versuche nicht dem Patienten etwas in den Mund zu stecken oder die Kiefer gewaltsam zu öffnen. Sie sind mit ungeheurer Kraft geschlossen. Der Versuch, sie zu öffnen, könnte zu Verletzungen führen.
- Sobald der Anfall vorüber ist, lege den Patienten vorsichtig auf die Seite und lockere die Kleidung am Hals, damit er leichter atmet.
- Wenn der Anfall auf offener Straße oder in einer Werkstatt stattfindet, stoppe den Verkehr beziehungsweise die laufenden Maschinen. Du musst den Patienten so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone bringen.
- Wenn jemand in deiner Familie zum ersten Mal einen Anfall hatte, solltest du dem Arzt genau berichten, was während des Anfalls und unmittelbar davor geschah. Das erleichtert die genaue Diagnostizierung.
- Ein Kind, das bei hohem Fieber Krämpfe hat, sollte nicht warm gehalten werden. Entferne Decken und warme Kleidung und rufe den Arzt.