Epilepsie

Wiederholte Störungen der Hirnströme lösen epileptische Anfälle aus. Diese lassen sich durch Medikamente relativ gut unter Kontrolle bringen, so dass Epileptiker ein Leben führen können wie andere Menschen auch.

Unter Epilepsie werden wiederholt auftretende Phasen gestörter elektrischer Aktivität im Gehirn verstanden. Häufigste Folgen sind plötzliche Bewusstlosigkeit und Zuckungen am ganzen Körper, das heißt ein den ganzen Körper erfassender epileptischer Anfall. An Epilepsie leidet durchschnittlich etwa einer von 200 Menschen, und die Krankheit ist bei Burschen etwas häufiger als bei Mädchen.

Einem Kind, das epileptische Anfälle hat, sollte man deutlich machen, dass solche Anfälle zwar eine lästige Erscheinung sind, aber sehr viele Menschen damit leben müssen. Keineswegs muss man sich der Anfälle schämen. Für den Epileptiker ist es sehr hilfreich, wenn die Umstehenden, Erwachsene wie Kinder, ruhig und besonnen das Ende des Anfalls abwarten, dem Betroffenen danach aufhelfen oder ihn zum Arzt bringen, falls er sich verletzt haben sollte.

Epileptische Anfälle lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Bei der einen liegen keine erkennbaren Ursachen vor, und man spricht deshalb von idiopathischer (von sich aus entstandener) Epilepsie. Bei der anderen Gruppe von Anfällen lässt sich die Ursache ermitteln, und man spricht von erworbener, sekundärer oder symptomatischer Epilepsie. Über 75 Prozent aller Fälle von Epilepsie gehören in die erste Gruppe.

Idiopathische Epilepsie

Epilepsie ist manchmal erblich bedingt. Hat man einen Epileptiker im engeren Familienkreis, ist das Risiko, selbst epileptische Anfälle zu bekommen, fünf bis zehnmal so hoch wie für andere Menschen. Die Symptome einer idiopathischen Epilepsie zeigen sehr wenige konstante (gleich bleibende) Merkmale.

Symptomatische Epilepsie

Von symptomatischer Epilepsie sprechen die Mediziner, wenn die Anfälle auf bestimmte Ursachen zurückzuführen sind, beispielsweise auf:

Kopfverletzungen: Epilepsie kann als Komplikation einer schweren Kopfverletzung (posttraumatisch) auftreten, beispielsweise nach einem Verkehrsunfall. In einigen Fällen entwickelt sich die Krankheit erst Monate oder sogar ein ganzes Jahr nach dem Unfall.

Hirntumore: Ein epileptischer Anfall kann auch Symptom eines Tumors sein, der im Gehirn auf Blutgefäße und Nerven drückt und deren Funktion beeinträchtigt.

Arteriosklerose: Die Verengung der zum Gehirn führenden Arterien betrifft vor allem ältere Menschen, und epileptische Anfälle bei dieser Altersgruppe sind im allgemeinen dadurch bedingt.

Gifte: Epileptische Anfälle können durch eine akute Vergiftung ausgelöst werden. Früher traten bei Kindern oft Krämpfe auf, wenn sie sich durch das Lecken an bleihaltige Farben eine Bleivergiftung zugezogen hatten. Solche Farben dürfen heute für Haushaltszwecke nicht mehr verwendet werden, aber altes Spielzeug und alte Möbel können noch damit gestrichen sein.

Geistige Behinderung

Viele Menschen meinen, dass jemand der unter Epilepsie leidet, auch unweigerlich geistig behindert ist. Das stimmt so nicht. Die geistige Störung kann allerdings dazukommen, wenn Epilepsie unbehandelt bleibt. Ein Grund dafür liegt darin, dass der Epileptiker während des Anfalls mit dem Kopf aufschlagen und Hirnprellungen erleiden kann. Zum anderen sind in dieser Phase die Gehirnzellen nur unzureichend mit Blut versorgt. In beiden Fällen werden Gehirnzellen zerstört und als Folge können geistige Störungen auftreten. Deshalb ist eine antiepileptische Therapie auch so wichtig.

Elektrische Hirnströme

Normalerweise kontrolliert das Gehirn alle Körperfunktionen. Diese Steuerung wird durch elektrische Impulse möglich: Das Gehirn empfängt und verarbeitet Impulse, die von den Sinnesnerven kommen, und erzeugt solche, die über die motorischen Nerven „Befehle“ an die Muskeln übertragen. Diese Hirnströme, die elektrischen Aktivitäten des Gehirns, lassen sich mit Hilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) messen. Bei einem Epilepsieanfall steigen Höhe der Spannung und Häufigkeit der in dem EEG aufgezeichneten Impulse, so dass das normalerweise geordnete Muster der Hirnströme durcheinander gerät. Der Anfall beginnt im allgemeinen in einem begrenzten Bereich des Gehirns und breitet sich dann aus.

Es gibt mehrere Formen epileptischer Anfälle, je nachdem, in welchem Teil des Gehirns die abnorme elektrische Aktivität beginnt und wie weit sich diese ausbreitet.

Großer Epilepsieanfall

Dieser typische epileptische Anfall, der auch als „Grand-mal“ (franz. „große Krankheit“) bezeichnet wird, folgt einem festgelegten Muster. Der Anfall dauert selten länger als ein bis zwei Minuten. Er kann sich schon Stunden vorher dadurch ankündigen, dass der Patient Verstimmung, Gereiztheit, Schwindel, Kopfdruck und Herzklopfen verspürt. Gelegentlich hat der Epileptiker auch das Gefühl, die Situation, in der er sich gerade befindet, schon einmal erlebt zu haben, was in der Medizin als Deja-vu-Erlebnis bezeichnet wird (franz. „schon gesehen“).

Diesem Stadium der sogenannten Aura folgt unter plötzlichem Bewusstseinsverlust der tonische Anfall, in dessen Verlauf sich die Muskeln zusammenziehen und in diesem Zustand bleiben. Der Patient fällt in starrem Streckkrampf zu Boden, wobei er sich oft verletzt. (Aus diesem Grund wurde die Epilepsie früher als „Fallsucht“ bezeichnet.) Der Patient kann in diesem Stadium laut aufschreien (lnitialschrei). Daran schließt sich die klonische (krampfhafte) Phase an, in der Arme und Beine rhythmisch zucken und die Atmung stockt.

Sowohl in der tonischen als auch in der klonischen Phase kann es zur unkontrollierten Ausscheidung von Urin und Stuhl kommen, und zur Selbstverletzung, wenn der Patient sich beispielsweise auf die Zunge beißt. Häufig bildet sich blutiger Schaum vor dem Mund.

Auf die klonische Phase folgt ein Erschöpfungszustand. Der Kranke ist verwirrt, benommen und hat ein starkes Schlafbedürfnis. In einem oder mehreren Körpergliedern kann eine Lähmung auftreten, die eine Stunde oder länger anhält.