Tollwut

Tollwut ist eine gefürchtete Krankheit – und das mit vollem Recht. Ein von einem tollwütigen Tier Gebissener hat nur dann eine Überlebenschance, wenn er unverzüglich ärztlich behandelt und geimpft wird.

Tollwut wird durch den Biss eines an Tollwut erkrankten Tieres übertragen, dessen aggressives, unberechenbares Verhalten eine Folge der Krankheit ist. Besonders schlimm ist für den Erkrankten, dass er nicht nur die qualvollen Krankheitserscheinungen ertragen muss, sondern bei vollem Bewusstsein einem sicheren Ende entgegensieht.

Eine Rettung ist nur möglich, wenn der Betroffene unmittelbar nach dem Biss, also vor Ausbruch der Krankheit, geimpft wird. Zwar werden jährlich aus den westlichen Industrieländern nur wenige Tollwuterkrankungen von Menschen gemeldet, aber weltweit gesehen spielt diese Krankheit eine wichtige Rolle. Allein in Indien gehen jährlich etwa 15.000 Todesfälle zu Lasten der Tollwut. Nahezu alle sind die Folge von Bissen infizierter Hunde, was einfach daran liegt, dass der Hund von allen Tieren den intensivsten Kontakt zum Menschen hat.

Dennoch ist die Tollwut vor allem eine Krankheit wild lebender Tiere (Wildtollwut). In Europa beispielsweise gilt der Fuchs als häufigster Träger des Tollwutvirus. Er ist auch das wichtigste Überträger der Krankheit auf Haustiere – und damit auf den Menschen.

Eine Viruserkrankung

Die Tollwut ist eine Viruserkrankung des zentralen Nervensystems, die mit dem Speichel erkrankter Tiere übertragen wird. Das Überleben des Tollwutvirus (auch Rabiesvirus genannt) wird durch die Übertragungsweise gesichert. Ein erkranktes Tier beißt aufgrund seiner anomalen Verhaltensweise ein anderes. Bevor es selbst an der Krankheit stirbt, gibt es das Virus also weiter. Die Raserei des „tollwütigen Hundes“ ist somit entscheidend für das Überleben des Virus.

Die Inkubationszeit

Sind die Viren durch die Biss stelle ins Gewebe gedrungen, so folgt eine Ruheperiode mit einer Inkubationszeit von wenigen Tagen bis zu vielen Monaten – so lange kann es bis zum Ausbruch der Krankheit dauern. In der Regel aber beträgt die Inkubationszeit etwa 20 bis 90 Tage. Die Viren wandern in dieser Zeit entlang den Nervenbahnen und erreichen schließlich das zentrale Nervensystem (Rückenmark und Gehirn). Sie verursachen im Gehirn eine spezifische Form der Enzephalitis, der Gehirnentzündung, die die Nervenzellen im Mittelhirn und im Hirnstamm schädigt. Ist das zentrale Nervensystem von den Viren befallen, so treten die Krankheitssymptome auf.

Die Tatsache, dass die Erreger dem Verlauf der Nervenbahnen folgen, erklärt die unterschiedlich langen Inkubationszeiten, etwa bei Menschen, die in den Fuß gebissen wurden, gegenüber anderen, die in die Hand oder ins Gesicht gebissen wurden. Je größer die Entfernung zwischen der Eintrittsstelle der Viren in den Körper und dem zentralen Nervensystem ist, desto länger ist die Inkubationszeit. Am kürzesten ist sie bei Kindern, die ins Gesicht gebissen wurden.

Die Krankheit wird aber nicht nur durch Bisse übertragen. So kann das Virus auch durch kleine Verletzungen wie Schnitte oder Kratzer in den Körper eindringen, wenn ein infiziertes Tier den verletzten Hautbereich ableckt. Auch wurde von Fällen berichtet, in denen die Krankheit offenbar durch Einatmen von virushaltigen Tröpfchen übertragen wurde. Dies soll in Forschungslaboratorien geschehen sein.

Symptom Hydrophobie

Das wohl bekannteste und gleichzeitig schrecklichste Symptom ist die Hydrophobie. Dieses Symptom ist in seinem Erscheinungsbild so absolut einmalig und charakteristisch, dass die Tollwut früher unter dem Namen Hydrophobie bekannt war. Der Patient ist stark durstig und verlangt nach Wasser, prallt aber beim Anblick des Getränkes heftig zurück und wird von Schlundkrämpfen befallen. Dies kann sich so weit steigern, dass die Schlundkrämpfe allein schon bei der Erwähnung des Wortes -Wasser oder bei dem Gedanken daran auftreten.

Stadien der Krankheit

Die Hydrophobie zeigt sich allerdings erst, wenn die Krankheit in ihrer Entwicklung weit fortgeschritten ist. In der Regel beginnt sie mit Anzeichen von Unwohlsein, Fieber, Angst, Beklemmungszuständen, Niedergeschlagenheit und Muskelschmerzen. Solche Symptome gehen mit nahezu jeder Viruserkrankung einher. Ein weiteres Merkmal im Frühstadium der Tollwut ist ein Kribbeln bis hin zu Schmerzen an der Bissstelle. An dieses Stadium schließt sich das Erregungsstadium an.

Die Niedergeschlagenheit geht in starke Reizbarkeit über; schon geringste Anlässe, Geräusche und Berührungen lösen eine starke Erregung aus, gepaart mit heftigsten Wutanfällen. Unwillkürliche Körperreaktionen wie Speichelfluss und Schweißbildung kommen hinzu. Hohes Fieber, krampfartige – schnappförmige – Atmung oder Atemnot leiten die schwerste Krankheitsphase ein, deren charakteristisches Symptom die Hydrophobie ist. Die schweren Schlundmuskelkrämpfe dauern lediglich Sekunden, aber da sie schon beim Gedanken an Flüssigkeit auftreten, leidet der Patient den ganzen Tag unter diesen quälenden Anfällen. Das Ende kündigt sich durch fortschreitende Lähmungserscheinungen an, die mit einem raschen körperlichen Verfall einhergehen. Der Tod folgt dann innerhalb von drei bis vier Tagen. Der Kranke erlebt das Endstadium bei vollem Bewusstsein.