Sichelzellenanämie

Hauptproblem einer Sichelzellenanämie ist die Fehlbildung des Blutfarbstoffs Hämoglobin. Er bindet dann zu wenig Sauerstoff – wodurch die roten Blutkörperchen sichelförmig werden. Die Folge ist Blutarmut.

Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin ist wesentlicher Bestandteil der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Seine kleinste Einheit, das Hämoglobin-Molekül, besteht aus vier einander ähnlichen Eiweißketten (Globinen) und jeweils einem zentralen Anteil, dem Hämoglobin. Die vier Hämkomplexe liegen im Globinknäuel sehr dicht beieinander und binden ein Eisenatom zwischen sich. An dieses Eisenatom lagert sich in der Lunge ein Sauerstoffmolekül an. Der Sauerstoff wird dann über den Blutkreislauf in den Körper zu den verschiedenen Organen und Geweben transportiert, wo das Sauerstoffmolekül an die Zellen abgegeben und zur Energiegewinnung verwertet wird.

Die Fähigkeit zur Sauerstoffbindung hängt wesentlich von der Struktur des Hämoglobins ab. Bei der Sichelzellanämie ist die Molekülkette fehlerhaft gebaut. Mediziner bezeichnen diesen Blutfarbstoff als Hämoglobin S, kurz auch Hb-S. Im Unterschied dazu wird der normale Blutfarbstoff Hämoglobin A (Hb-A) genannt. Bei der Sichelzellenanämie handelt es sich um eine Erbkrankheit; sie wird von den Eltern auf die Kinder übertragen. Jedes Körpermerkmal wird durch ein Paar Gene (Träger der Erbsubstanz) weitergegeben und geprägt. Das eine Gen stammt aus der Erbsubstanz der Mutter, das andere vom Vater.

Die Rolle des Erbmaterials

Wenn man von den Eltern ein normales Gen für Hämoglobin A und eines für Hämoglobin S erhalten hat, treten in aller Regel keine Krankheitssymptome auf. Es sind dann zwar Sichelzellen im Blut nachweisbar, aber es werden auch ausreichend gesunde Zellen gebildet. Menschen mit dieser Genkombination werden als Anlageträger und ihr Erbmaterial als heterozygot bezeichnet. Sind jedoch beide verantwortlichen Gene fehlerhaft, daher homozygot (reinerbig), wird im Knochenmark ausschließlich Hb-S gebildet. In der Folge entwickelt sich die Sichelzellenanämie beziehungsweise -krankheit mit all ihren Folgen.

Am häufigsten kommt die Sichelzellenanämie bei Menschen schwarzer Hautfarbe vor, also in Afrika und unter den Schwarzen Nord- und Südamerikas. In den Vereinigten Staaten sind 0,3 Prozent der schwarzen Bevölkerung von der Erkrankung betroffen. 8 bis 13 Prozent weisen neben normalen roten Blutkörperchen auch Sichelzellen im Blut auf. Die reinerbigen Träger des Hb-S erkranken unterschiedlich schwer. In Afrika erreichen vermutlich nur zehn Prozent (Blutarmut). Der Körper ist nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt und verliert seine Leistungsfähigkeit. Die schwersten Komplikationen treten jedoch während einer „Sichelzellenkrise“ auf. Diese droht immer dann, wenn der Sauerstoffspiegel des Blutes absinkt. Die Hämoglobinmoleküle verändern unter diesen Umständen ihre Gestalt, und die roten Blutkörperchen nehmen die sichelartige Form an, die der Krankheit den Namen gegeben hat.

Die verformten Zellen neigen dazu, sich in den kleinen Blutgefäßen abzulagern, diese zu verstopfen und Blutpfropfe zu bilden. Dadurch werden die betroffenen Gewebe nicht mehr mit Sauerstoffgewebe und verliert meist nach und nach ihre Funktion. Die Abwehrkräfte des Patienten sind geschwächt. Anfällig sind die Betroffenen hauptsächlich für Virusinfekte und Pneumokokken, die zum Beispiel Lungenentzündungen auslösen. Außerdem entstehen häufig offene Geschwüre an den Beinen.

Behandlung

Eine Therapie wird vor allem im Fall einer Krise erforderlich. Dem Patienten wird sehr viel Flüssigkeit (auch über Infusionen) zugeführt und eventuell Sauerstoff verabreicht. Mit Austauschtransfusionen kann Sichelzellblut durch gesundes Blut ersetzt werden.