Früher führte rheumatoide Arthritis ausnahmslos zur Verkrüppelung der Gelenke. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung lassen sich heute so schwerwiegende Folgen in der Regel verhüten.
Wenn von rheumatoider Arthritis – heute vielfach auch als primär chronische Polyarthritis bezeichnet – die Rede ist, sehen die meisten Menschen erschreckende Bilder von Patienten im Rollstuhl vor sich, die von der Krankheit verkrüppelt sind und obendrein für den Rest ihres Lebens quälende Schmerzen erdulden müssen.
Diese Vorstellung ist jedoch nicht mehr zeitgemäß: Zwar kommen schwere Behinderungen durch diese Krankheit immer noch vor, aber sie sind schon lange nicht mehr die Regel. Frühzeitige Diagnose, verbesserte Methoden der Behandlung und Rehabilitation erleichtern Patienten mit rheumatoider Arthritis heute das Leben in jeder Hinsicht. Da eine Verschlimmerung der Krankheit verhindert, Schmerzen gelindert und die Entstehung vom Deformierungen verhütet werden, kann der Patient ein normales oder zumindest beinahe normales Leben führen.
Was ist rheumatoide Arthritis
Rheumatoide Arthritis ist eine Krankheit, die hauptsächlich die Gelenke befällt, in schweren Fällen aber auch Organe wie Herz, Lunge und Augen sowie das Nervensystem in Mitleidenschaft ziehen kann. Die Krankheit kann irgendwann zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr ausbrechen. Sie kommt aber auch bei jüngeren und bei älteren Menschen vor. Rheumatoide Arthritis ist eine chronische Krankheit, deren Symptome sich oft phasenweise und ohne ersichtlichen Grund verschlimmern oder zurückgehen. Die Krankheit kann sogar verschwinden, und in diesem Fall spricht man gelegentlich von einer „ausgebrannten“ rheumatoiden Arthritis.
Ursache
Die eigentliche Ursache der rheumatoiden Arthritis ist noch weitgehend unbekannt. Man geht aber davon aus, dass es sich um eine Autoimmunkrankheit handelt. Das heißt, dass der Körper gegen eigenes Gewebe Abwehrstoffe entwickelt, wie er dies sonst nur gegen Krankheitserreger tut. Diese Immunreaktion führt zu einer Ansammlung entzündeter Zellen innerhalb der Gelenkinnenhaut (Synovialis). Von den entzündeten Zellen gebildete Enzyme bewirken einen Abbau von Knochensubstanz und Knorpel innerhalb des Gelenks und rufen so die charakteristischen Symptome hervor. Falls nicht schon in einem sehr frühen Stadium eine Behandlung erfolgt, deformiert sich das Gelenk schließlich. Zwei besonders hervorzuhebende Ergebnisse der entzündlichen Reaktion sind die Bildung des Rheumafaktors und die Entstehung von Rheumaknoten.
Der Rheumafaktor ist ein Antikörper, der bei Menschen mit rheumatoider Arthritis in großen Mengen gebildet wird und bei anderen Arthritisformen sehr selten ist. Anhand einer Blutuntersuchung kann man den Rheumafaktor im Blut messen, und dies bildet die Grundlage für einen einfachen Test, mit dem sich leicht feststellen lässt, ob ein Patient an dieser Krankheit leidet.
Ansammlungen
Rheumaknoten sind kleine, harte Verdickungen, die über den Ellbogen, am Handrücken oder auf der Fußoberseite auftreten können. Sie setzen sich aus Ansammlungen entzündeter Zellen ähnlich denen innerhalb der Gelenke zusammen und stellen eine weitere Bestätigung der Diagnose dar. Schmerzen, Anschwellungen und Steifheit (Morgensteifheit) der befallenen Gelenke sind die Hauptsymptome der rheumatoiden Arthritis. Im typischen Fall erkranken die kleinen Gelenke der Hände und Füße als erste, aber es können auch andere Gelenke befallen werden, vor allem die Hand-, Knie-, Fuß-, Ellbogen-, Schulter- und schließlich die Hüftgelenke. Wie viele Gelenke betroffen sind, hängt von der Schwere der Krankheit ab, die von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein kann.
Ein charakteristisches Merkmal, in dem sich diese Arthritisform von anderen unterscheidet, ist die Symmetrie der Erkrankung: Wenn ein Gelenk auf einer Körperseite befallen ist, erkrankt meist auch das entsprechende Gelenk auf der anderen Seite. Diese symmetrische Polyarthritis ist typisch für rheumatoide Arthritis. Die Steifheit der Gelenke ist im allgemeinen am Morgen nach dem Aufstehen am ausgeprägtesten und kann unterschiedlich lange anhalten – von ein paar Minuten bis zu mehreren Stunden. Diese Phase ist meist auch durch ein allgemeines Gefühl der Abgeschlagenheit und Müdigkeit gekennzeichnet, worin zum Ausdruck kommt, dass die Krankheit den ganzen Körper in Mitleidenschaft zieht und nicht auf einen bestimmten Bereich beschränkt ist. Der Patient tut sich wegen der Steifheit der Hände schwer mit dem Festhalten von Gegenständen wie Tassen oder Besteck. Auch das Anziehen, vor allem das Zuknöpfen, kann zum Problem werden, und obendrein beginnen die betroffenen Gelenke zu schmerzen.
Gefahren und Komplikationen
Die Komplikationen und Gefahren bei dieser Krankheit betreffen überwiegend die Gelenke. In den akuten Phasen kann sich ein Gelenk so verformen, dass es seine Aufgaben nur noch unzureichend oder gar nicht mehr erfüllt. Beispielsweise kann die Beweglichkeit eines Gelenks stark eingeschränkt sein. Es kommt aber auch vor, dass das Gelenk infolge der Zerstörung der Bänder unstabil wird und sich dann leicht ausrenkt. N eben diesen spezifischen Gelenkbeschwerden können auch Beschwerden in Organen auftreten und das Krankheitsbild weiter komplizieren.
Insbesondere sind Patienten mit rheumatoider Arthritis allgemein anfälliger für Infektionen, vor allem Brustinfektionen und bakterielle Infektionen der Gelenke. Im Zusammenhang mit der eingeschränkten Funktionsfähigkeit können auch noch andere Komplikationen auftreten, so dass der Patient zunehmend Schwierigkeiten mit den Körperbewegungen hat.
Behandlung
Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis setzt eine genaue Einschätzung der Beschwerden jedes einzelnen Patienten voraus, auf der dann ein entsprechender individueller Behandlungsplan aufbauen kann. In der Regel werden Schmerzmittel verordnet. Die Medikamente wirken entzündungshemmend, wodurch die Entzündung der Gelenkinnenhäute bekämpft wird und Schmerz und Schwellung wegen der verbesserten Gelenkfunktion nachlassen. Viele Patienten können schon allein mit solchen Tabletten ihren Schmerz ertragen und ein relativ normales Leben führen.
Entzündungshemmende Medikamente können mit einer geeigneten Physiotherapie kombiniert werden. Wenn die Krankheit unerbittlich fortschreitet – was sich auf Röntgenaufnahmen meist als zunehmende Zerstörung der Knochensubstanz darstellt -, kann es notwendig werden, sehr starke Medikamente einzusetzen. Zu diesen Mitteln, die eine stärkere toxische (giftige) Wirkung haben, gehören Goldsalze und Penicillamin, wobei die ersteren im allgemeinen in Form wöchentlicher, 14tägiger oder monatlicher Injektionen verabreicht werden. Penicillamin wird in Tablettenform eingenommen. Die Mittel bringen die Krankheit bei manchen Patienten sogar völlig zum Stillstand. Sie haben aber oftmals ernste Nebenwirkungen, unter anderem auf Nieren und Blut, und aus diesem Grunde müssen sich die meisten Patienten, die diese Mittel erhalten, jede Woche einer Blut- und Urinuntersuchung unterziehen. Auf diese Weise können von den Medikamenten ausgelöste abnorme Vorgänge frühzeitig entdeckt werden.
Als alternative Medikamente wird unter anderem das Malariamittel Chloroquin eingesetzt. Dieses Mittel ist zwar weniger wirksam als Gold oder Penicillamin, hat aber dafür etwas geringere Nebenwirkungen. Wenn diese Medikamente versagen oder bei schwerem Verlauf der Krankheit, werden auch Immunsuppressiva eingesetzt. Diese Medikamente werden hauptsächlich in der Krebstherapie angewendet und hemmen die überschießenden Immunreaktionen.
Gelenkverformungen
lassen sich durch Operationen teilweise beheben. Die wichtigste Operation, die heute ausgeführt wird, ist der Ersatz kranker Gelenke durch künstliche Teile, der vor allem bei Hüft-, Knie- und Fingergelenken vorgenommen wird. Auch Physiotherapie und Beschäftigungstherapie spielen eine große Rolle bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Durch gymnastische Übungen werden die Muskelkraft und die Beweglichkeit der Gelenke aufrechterhalten, und außerdem dienen sie der Vorbeugung gegen Gelenkverformungen. Daneben können Patienten vom Therapeuten Anleitungen für alltägliche Verrichtungen wie Ankleiden, Kochen und Waschen erhalten. Die Therapeuten sorgen auch dafür, dass der Patient notwendige Hilfsmittel bekommt, die ihm die Bewältigung vieler unumgänglicher Aufgaben wesentlich erleichtern.
Mit der Krankheit leben
Wie bei jeder chronischen oder langwierigen Krankheit müssen die Patienten lernen, sich bis zu einem gewissen Grad mit ihrer Behinderung abzufinden. Durch moderne Behandlungsmethoden im Zusammenspiel mit Physiotherapie und Beschäftigungstherapie lassen sich die meisten Probleme überwinden. Falls sich Schwierigkeiten einstellen, mit denen der Patient aus eigener Kraft nicht fertig wird, sollte er einen Arzt um Rat und Hilfe bitten. Die Patienten müssen versuchen, sich das Leben in praktischer Hinsicht so einfach wie möglich zu machen. So werden sie sich möglicherweise größere und weitere Schuhe kaufen müssen, um bequem laufen zu können. Auch die Kleidung muss bequem sein, damit die nötige Bewegungsfreiheit gewährleistet ist. In der Wohnung müssen oft Hilfsmittel angebracht werden, die dem Patienten alltägliche Verrichtungen erleichtern, und in manchen Fällen wird eine Parterrewohnung vonnöten sein.