Rachitis

Rachitis ist recht selten geworden, da man heute ihre Ursachen kennt und die Vorbeugung einfach ist: Sonnenlicht und, wenn dieses fehlt, Vitamin-D-Gaben.

Die Rachitis ist eine Allgemeinerkrankung von Kindern. Sie ist durch eine mit Deformierungen einhergehende Wachstumsstörung der Knochen gekennzeichnet, aber auch durch eine Herabsetzung der Infektabwehr. Sie geht in der Regel auf einen Vitamin-D-Mangel zurück. Vitamin D wird als Reaktion des Körpers auf die Ultraviolettstrahlen des Sonnenlichts von der Haut gebildet. Es fordert die Resorption von Kalzium aus der Nahrung, daher die Aufnahme durch den Darm ins Blut, und sorgt dafür, dass es vom Blut an das Skelett weitergegeben wird. Da bei Kindern die Knochen noch wachsen, hat ein Vitamin-D-Mangel bei ihnen ernstere Folgen als bei Erwachsenen. Bei letzteren nennt man das Krankheitsbild Osteomalazie.

Früher war die Rachitis weitverbreitet – zum einen wegen der schlechten Ernährung der Kinder und zum anderen, weil nicht allgemein bekannt war, wie wichtig Sonnenlicht für das Gedeihen von Säuglingen ist. Auch heute noch gilt, dass die Rachitis eine Saisonkrankheit ist. Sie tritt in Europa im Winter auf. In den Polargebieten allerdings ist sie selten, weil die Nahrung dort reich ist an tierischen Fetten mit genügend natürlichem Vitamin D. Die Bezeichnung „Rachitis“ ist von dem griechischen Wort rhachis (Rückgrat) abgeleitet. Der andere Begriff, „Englische Krankheit“, geht auf die erste ausführliche Beschreibung des englischen Arztes Francis Glisson im Jahre 1650 zurück, der feststellte, dass sich die Krankheit im Zuge der zunehmenden Kinderarbeit ausbreitete, die in aller Regel in lichtarmen Räumen, zum Beispiel Manufakturen, stattfand.

Ursachen

Der Kalziumspiegel im Körper wird sowohl vom Vitamin D als auch von dem Nebenschilddrüsenhormon (Parathormon) geregelt, die auf eine fein aufeinander abgestimmte Weise zusammenwirken. Wenn der Vitamin-D-Spiegel zu sinken beginnt, sinkt auch der Spiegel des, Kalziums im Blut, da es ohne dieses Vitamin nicht resorbiert werden kann. Der Blutkalziumspiegel darf aber nicht zu weit absinken, denn das würde eine Tetanie (Muskelkrämpfe) zur Folge haben. Um das zu verhindern, stellt das Parathormon sicher, dass Kalk aus den Knochen freigesetzt wird und in den Blutkreislauf zurückkommt. Durch den Kalkmangel beziehungsweise Kalkentzug wird aber die erforderliche Festigung der Knochensubstanz verhindert.

Obwohl Rachitis und Osteomalazie gewöhnlich durch Vitamin-D-Mangel verursacht werden, können sie auch Folge einer anderen Erkrankung sein, beispielsweise der Leber oder der Nieren, weil diese Organe bei der Nutzbarmachung des Vitamins D für den Körper eine wichtige Rolle spielen. Wenn die im Wachstum befindlichen Knochen nicht ausreichend mit Kalk verstärkt werden können, wird unverkalktes („osteoides“) Knochengewebe in großen Mengen an den Stellen abgelagert, wo die Wachstumszonen der Knochen liegen, so dass die Handgelenke, Knie und Knöchel oft abnormal dick werden. Manchmal kommt es auch zu einer Kette osteoider Verdickungen, dem sogenannten „rachitischen Rosenkranz“. Diese Verdickungen finden sich am vorderen Brustkorb an der Knochen-Knorpel-Grenze der Rippen.

Weiche Schädelknochen sind ein wichtiges Symptom bei Beginn der Erkrankung. Mit fortschreitender Krankheit verbiegen sich die Röhrenknochen wie das Schienbein durch Belastung oder Muskelzug. In schweren Fällen sind auch Rückgrat und Becken von Verformungen betroffen. Die Milchzähne brechen verspätet und in nicht regelrechter Reihenfolge durch, und die bleibenden Zähne haben Defekte bei der Schmelzbildung. Außerdem ist die Immunität herabgesetzt: Es kommt häufig zu Infekten. Ein weiteres Symptom ist eine Schwächung der Muskulatur, was sich besonders an der Bauchdecke zeigt („Froschbauch“).

Behandlung und Vorbeugung

Die Behandlung der Rachitis besteht außer in Kalzium- und Phosphat-Zufuhr in der Gabe von Vitamin D. Die Rachitis-Vorbeugung besteht einfach darin, dass der Körper die erforderliche Menge an Vitamin D bekommt, die er braucht. Säuglinge erhalten Vitamin D durch die Muttermilch oder die moderne Babynahrung. Kinder sollten sich viel im Freien aufhalten, damit ihre Haut mit Hilfe der UV-Strahlen Vitamin D bilden kann. In den Wintermonaten (von Oktober bis Mai) ist jedoch eine medikamentöse Rachitis-Prophylaxe (Vorbeugung) wichtig.

Die meisten Kinderärzte empfehlen eine Vitamin-D-Gabe ab der 2. Lebenswoche während des ersten Lebensjahres. Kindern im Streckalter (5 bis 7 Jahre) und schwangeren oder stillenden Frauen werden oft Vitamin-D-Präparate verschrieben, weil man sicher gehen will, dass es ihnen nicht an Kalzium mangelt. Im allgemeinen jedoch genügt ein ausgewogener Speiseplan, der ausreichend Milch, Käse und Fisch enthält.