Pseudokrupp

Der von den Eltern kleiner Kinder sehr gefürchtete Pseudokrupp ist eine von bellendem Husten begleitete Atemnot, die durch ein entzündliches Anschwellen der Kehlkopfschleimhaut hervorgerufen wird. Krupp ist die Eindeutschung des englischen Begriffs croup, der die Kehlkopfentzündung bei einer Diphtherie bezeichnet. Da heute die meisten Kleinkinder gegen Diphtherie geimpft sind, ist der „echte“ Krupp äußerst selten geworden.

Der Pseudokrupp ist ein ähnlicher Symptomenkomplex, dem jedoch andere Ursachen zugrunde liegen. Die Ärzte nennen die Kehlkopfentzündung, die zu den Pseudokrupp-Symptomen führt, akute subglottische (unterhalb der Stimmritze auftretende) Laryngitis.

Verlauf eines Anfalls

Schwillt die Schleimhaut des Kehlkopfes (Larynx) – manchmal auch benachbarter Abschnitte der Luftwege – an, so ist dies deshalb so bedrohlich, weil in diesem Bereich die Luftwege am engsten sind. Bei kleinen Kindern ist dieser Abschnitt natürlich besonders eng, so dass es schon bei einer geringen Schwellung zu Atemnot kommt. Betroffen sind vor allem Kinder zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr.

Ein Pseudokrupp-Anfall beginnt meist nachts mit einem plötzlich auftretenden bellenden Husten, der sich deutlich von einem „normalen“ Erkältungs-Husten unterscheidet, mit heiserer Stimme und oft auch Schluckbeschwerden. Das Kind atmet schwer. Bald tritt ein pfeifendes, ziehendes Geräusch (Stridor) beim Einatmen hinzu. Es ist Zeichen für die Verengung der Atemwege durch die zunehmende Schwellung der Kehlkopfschleimhaut. Beim Einatmen treten Einziehungen im Bereich des Brustbeins und in den Zwischenrippenräumen auf. Die Atemnot versetzt das Kind in Panik. Dies verschlechtert seinen Zustand zusätzlich, weil der Körper in eine „Alarmsituation“ gerät: Alle Stoffwechselprozesse beschleunigen sich, Blutdruck und Pulsfrequenz steigen. Als Folge davon erhöht sich der Sauerstoffbedarf.

In schweren Fällen droht akute Lebensgefahr durch Ersticken. Das Kind wird dann graublass und schließlich blau im Gesicht. Es verliert das Bewusstsein. Ein so dramatischer Krankheitsverlauf ist glücklicherweise selten.

Ursachen

Je nach Ursache des Pseudokrupp ist die Körpertemperatur mäßig bis deutlich erhöht. Von der Ursache ist auch die Dauer abhängig: Ein Pseudokrupp dauert von einigen Stunden bis zu fünf Tagen. Nur selten geht ein Pseudokrupp auf eine bakterielle Infektion zurück. In diesem Fall tritt der Pseudokrupp urplötzlich ohne vorangegangene Erkältungssymptome auf, und meist erkrankt ein Kind nur einmal in seinem Leben daran.

Überwiegend jedoch sind Viren die Ursache. Im Winter führt die zu trockene Luft in den Wohnungen zum Austrocknen der Schleimhäute. Dies begünstigt Virusinfektionen der Atemwege. Deshalb tritt ein Pseudokrupp vorwiegend in der kalten Jahreszeit auf. Dieser Form des Pseudokrupp geht meist eine Erkältung voraus. Ein Kind kann mehrfach in seinem Leben betroffen sein.

Allergische Reaktion

Eine dritte Form des Pseudokrupp ist der sogenannte spasmodische Krupp (Spasmus = Krampf). In diesem Fall schwillt die Kehlkopfschleimhaut aufgrund einer allergischen Reaktion an. In diesem Zusammenhang wird unter betroffenen Eltern und Ärzten lebhaft diskutiert, ob auch die Reizung der Schleimhäute durch Luftverschmutzung bei der Auslösung eines Pseudokrupp eine Rolle spielt (Industrie- und Autoabgase, Tabakrauch). Ob hier eine direkte Beziehung besteht, ist sehr gut möglich, aber noch nicht endgültig geklärt.

Allerdings ist festzustellen, dass Schadstoffe in der Luft wie beispielsweise Schwefeldioxid die Schleimhäute der Atemwege erheblich belasten und für allergische Reaktionen sowie allgemein für Virusinfektionen anfälliger machen können. Ein allergisch bedingter Pseudokrupp dauert in der Regel nur wenige Stunden, kann aber häufiger auftreten.

Epiglottitis

Hat ein Kind zum ersten Mal in seinem Leben Symptome im Sinne eines Pseudokrupp- Anfalls, muss unverzüglich der Arzt gerufen oder das Kind in eine Klinik gebracht werden. Denn abgesehen davon, dass die Schwere des Verlaufs nicht vorherzusagen ist, muss geklärt werden, ob nicht die sehr viel gefährlichere Epiglottitis vorliegt.

Bei dieser bakteriellen Infektion schwellen – meist ohne vorangegangene Erkältungssymptome – der Bereich des Kehldeckels (Epigolottis) und die tiefer liegenden Abschnitte des Kehlkopfes an. Die Ärzte sprechen deshalb auch von einer supraglottischen (oberhalb der Stimmritze auftretenden) Laryngitis. Die Krankheit betrifft vor allem Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Die Symptome ähneln dem Pseudokrupp, sind aber noch viel schwerer und setzen schnell ein: hohes Fieber, starke Verschleimung, Schluckstörungen, sehr schlechter Allgemeinzustand, schwere Atemnot, aber meist kein bellender Husten, sondern eine „kloßige“ Sprache. Innerhalb von Stunden kommt das Kind in einen lebensbedrohenden Zustand. Deshalb wird, sobald das Kind im Krankenhaus ist, vorsorglich eine Intubation vorgenommen, daher es wird ein Schlauch (Tubus) in die Luftröhre eingeführt, der die Luftwege offenhält.

Ist der Zustand des Kindes sehr schlecht, kann über den Tubus Sauerstoff zugeführt werden. Außerdem wird unverzüglich eine Behandlung mit einem Breitband-Antibiotikum begonnen.

Behandlung

Tritt ein Pseudokrupp-Anfall auf, heißt es vor allem Ruhe bewahren. Am wichtigsten ist es, auf das Kind beruhigend einzuwirken. Vater oder Mutter sollten es auf den Arm nehmen. Das Inhalieren feuchter Luft kann Linderung verschaffen. Ein Kaltwasser-Vernebler eignet sich gut für die Befeuchtung der Luft. Ist keiner vorhanden, kann man im Bad die Dusche oder den Wasserhahn laufen lassen, bis der Raum vernebelt ist. Dort hält man sich während der Hustenattacken mit dem Kind auf.

Zwischen den Anfällen nimmt man das Kind zu sich ins Bett; die Anfälle treten ja vorwiegend nachts auf. Möglicherweise müssen Medikamente inhaliert oder injiziert werden, damit die Kehlkopfschleimhaut rasch abschwillt. Häufig gibt der Arzt beruhigende Medikamente, damit der Sauerstoffbedarf nicht unnötig hoch ist. Auch Sauerstoffzufuhr kann helfen. Nur manchmal wird eine Intubation oder als Notmaßnahme ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) erforderlich.

Vorbeugende Maßnahmen

Die Eltern eines Kindes, das zu Pseudokrupp- Anfällen neigt, dürfen ihr Kind niemals allein lassen. Ein Babysitter muss genau über die Krankheit informiert sein und wissen, was bei einem Anfall zu tun ist. In der Wohnung sollte immer für ausreichende Luftfeuchtigkeit gesorgt sein, und nachts sollte das Kinderzimmer recht kühl sein. Auch eine gute körperliche Verfassung des Kindes hilft, die Phase der Gefährdung durch Pseudokrupp-Anfälle besser zu überstehen. Gesunde, ausgewogene Ernährung trägt dazu bei.

Außerdem sollte sich das Kind viel an der frischen Luft aufhalten; so wird es widerstandsfähiger gegen Infekte. Die Empfehlung, in eine Gegend mit reinerer Luft umzuziehen, lässt sich für viele Familie nicht realisieren. Außerdem ist nicht sicher, dass bei geringerer Luftverschmutzung die Pseudokrupp-Anfälle ausbleiben.

Information und Aufklärung

Von großer Bedeutung ist, dass die Eltern nicht ständig verängstigt auf die Atemgeräusche ihres Kindes achten. Ihre Angst kann sich auf das Kind übertragen. Eltern können sich zu ihrer eigenen Information und Beruhigung an den Kinderarzt oder an eine Eltern-Initiative wenden, in der sich betroffene Eltern zusammengeschlossen haben. Ein etwas älteres Kind sollten die Eltern dann ihrerseits behutsam über die Krankheit aufklären und ihm versichern, dass ihm bei einem Anfall geholfen werden kann. Auch wenn Pseudokrupp-Anfälle bedrohlich wirken, stirbt nur selten ein Kind daran. Wird es bei einem Anfall gut betreut und rechtzeitig ärztlich behandelt, ist die Erstickungsgefahr gering.