Polyzythämie

Das Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch eine Vermehrung der roten Blutkörperchen. Die Ursache liegt in einer Funktionsstörung des Knochenmarks.

Das Blut setzt sich aus roten und weißen Blutzellen (Erythrozyten und Leukozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) und einer blassgelblichen Flüssigkeit (Plasma) zusammen. Der in den roten Blutkörperchen enthaltene Blutfarbstoff (Hämoglobin) kann Sauerstoff binden und wieder abgeben. Die roten Blutzellen haben die Aufgabe, den eingeatmeten Sauerstoff von der Lunge in alle Körpergewebe zu transportieren. Erythrozyten, Leukozyten und Blutplättchen werden im Knochenmark gebildet. Manchmal beginnt das Knochenmark ohne ersichtlichen Grund, rote Blutkörperchen im Übermaß abzugeben. Diese Vermehrung der roten Blutzellen nimmt einen ungünstigen Einfluss auf die Fließfähigkeit des Blutes. Es wird zähflüssiger.

Die verstärkte Gerinnungsbereitschaft des Blutes kann eine Bildung von Blutgerinnseln zur Folge haben. Neben den Erythrozyten können bei der Polyzythämie auch die Leukozyten und Thrombozyten vermehrt sein. Die Ursache der echten Polyzythämie ist noch immer unbekannt. Die Krankheit kommt fast ausschließlich bei Männern vor, und zwar bevorzugt im vierten bis siebten Lebensjahrzehnt.

Polyglobulie

Von der echten Polyzythämie wird die symptomatische Polyzythämie (Polyglobulie) unterscheiden. Die Polyglobulie ist das Ergebnis eines zu niedrigen Sauerstoffgehaltes im Blut. Um die Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff zu steigern, bildet das Knochenmark zusätzliche rote Blutkörperchen. Die Sauerstoffkonzentration im Blut sinkt zum Beispiel bei verschiedenen Herz- und Lungenkrankheiten. Die Polyglobulie kann ein besonderes Problem bei Kindern sein, die mit bestimmten Herzfehlern geboren werden. Man hat herausgefunden, dass starkes Rauchen ebenfalls zu einem sehr hohen Anteil roter Blutkörperchen führen kann.

Bei davon betroffenen Rauchern lassen sich stark erhöhte Anteile von Zyanid und Kohlenmonoxid im Blut feststellen. Somit besteht ein Sauerstoffmangel, und der Körper reagiert darauf mit der Vermehrung der Erythrozyten.

Erythropoetin

Der Anreiz für die Produktion roter Blutkörperchen geht aus von dem Hormon Erythropoetin. Es wird in der Niere gebildet. Nierentumore können einen Überschuss dieses Hormons bewirken und somit zur Überproduktion roter Blutkörperchen führen. Polyglobulie, die als Folge verschiedener Grundleiden entsteht, muss sich in ihrem klinischen Bild nicht von einer echten Polyzythämie unterscheiden. Die Patienten klagen unter Umständen über Kopfschmerzen, Müdigkeit und schnelle Erschöpfung. Auch können sich Schwindelgefühle, Sehstörungen und Ohrensausen einstellen. Manche Patienten verspüren Juckreiz.

Gelegentlich haben die Betroffenen Symptome von Gicht. Die Patienten neigen zu Hautblutungen und Magenschleimhautentzündungen. Es können sich Geschwüre bilden, wenn die Gefäße der Magenschleimhaut und des Zwölffingerdarms mit Blut anschwellen. Häufig tritt eine tiefrote, auch bläulich-rote Verfärbung des Gesichtes auf, und auch die Augenbindehaut ist rot. Im allgemeinen ist der Verlauf der Polyzythämie gutartig. Die Prognose wird aber durch eventuelle Komplikationen bestimmt. In vielen Fällen wird die Krankheitsdauer beeinflusst durch Blutungsneigung und die Bereitschaft, Blutgerinnsel zu bilden. Unter Umständen kann die Polyzythamie übergehen in eine akute oder chronische Leukämie oder in eine Erythrämie, eine bösartige Neubildung von roten Blutkörperchen.

Aderlässe und Medikamente

Bei der Polyglobulie steht die Behandlung des Grundleidens im Vordergrund. Die Therapie der echten Polyzythämie sieht verschiedene Methoden vor. Je nach Schwere der Erkrankung können in regelmäßigen Abständen bestimmte Mengen an Blut entnommen werden. Diese Aderlässe verbessern die Fließeigenschaft des Blutes und senken den Blutdruck.

Medikamentengaben sollen die Zellneubildung im Knochenmark einschränken. Auch kann der Arzt radioaktives Phosphor und eine Bestrahlung des Knochenmarks einsetzen, um die Zellneubildung zu hemmen. Diese beiden Methoden haben jedoch starke Nebenwirkungen. Sie werden nur dann eingesetzt, wenn die anderen Maßnahmen nicht ausreichen.