Nierenverpflanzung

Nierenverpflanzungen geben Patienten mit Nierenversagen die Chance, mit einer gesunden Spenderniere weiterzuleben. Die Operationstechnik ist sehr weit entwickelt. Probleme können durch Abstoßungsreaktionen entstehen.

Die erste erfolgreiche Nierenverpflanzung wurde Anfang der sechziger Jahre durchgeführt. Man verpflanzte das Organ von einem eineiigen Zwilling zum anderen. Aber erst durch Verbesserung chirurgischer Techniken, Gewebetypisierung, dem frühzeitigen Erkennen von Abstoßungskrisen sowie dem Einsatz hochwirksamer Medikamente zur Unterdrückung der Immunabwehr konnte die Überlebensrate des Transplantats wesentlich erhöht werden. Zur Zeit gibt es Nierenempfänger, die über zwanzig Jahre mit einem Transplantat leben. Eine Nierentransplantation wird als lebensrettende Maßnahme bei Patienten durchgeführt, die sonst an Nierenversagen sterben würden. Der Vorrat an geeigneten Spendernieren ist nicht groß. Für die Ärzte bedeutet die Auswahl der Patienten in fast jedem Fall eine schwere Entscheidung. Auch die Einschätzung, ob nicht begleitende schwere Erkrankungen einen lebensbedrohlichen Charakter haben, fällt nicht immer leicht. Zeitweilig galt ein Lebensalter von über 55 Jahren als nicht mehr geeignet für Transplantatempfänger. Mittlerweile zeigt sich, dass auch 70jährige Patienten von einer Nierenverpflanzung nicht ausgeschlossen werden müssen. Dazu tragen verbesserte Medikamente bei. Vielen nierenkranken Patienten kann aber ein Dialyse-Apparat (künstliche Niere) das Leben sehr gut verlängern.

Herkunft der Spenderniere

Jeder Mensch unter 65 Jahren mit normal arbeitenden Nieren und ohne Krebs in der Anamnese (Krankengeschichte) ist ein geeigneter Spender. Die meisten zur Verpflanzung verwendeten Nieren werden Opfern von Verkehrsunfällen mit tödlichen Kopfverletzungen entnommen. In über fünfzig Prozent der Fälle werden Spendernieren bei „gehirntoten“ Menschen entnommen. Aber es gibt auch lebende Spender, die bereit sind, eine Niere zur Transplantation zur Verfügung zu stellen. Man nutzt diese Gelegenheit meistens dann, wenn Spender und Empfänger nahe verwandt sind. Sind aber Gewebe von beiden nicht verträglich, macht es kaum einen Unterschied für die Überlebensrate, ob die Niere von einem nahen Verwandten oder von einem Fremden stammt. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn die Nieren direkt nach dem Hirntod oder dem Herzstillstand entnommen und vorgekühlt in einer eisgekühlten Lösung gelagert werden. Spätestens nach 48 Stunden sollten sie einem geeigneten Empfänger übertragen werden. Es ist auch möglich, die Nieren in einer weiteren Speziallösung bis zu 72 Stunden zu lagern, etwa für den Transport über weitere Strecken.

Risiko Abstoßungsreaktion

Die technischen Probleme einer Nierentransplantation sind weitgehend gelöst. Jedoch ergeben sich oft Schwierigkeiten nach der Verpflanzung, wenn die körpereigene Abwehr des Empfängers einsetzt. Das Immunsystem schützt den Organismus vor eindringenden Fremdkörpern oder Erregern durch Bildung von Antikörpern. Auch Gewebezellen von fremden Organen werden als „Eindringlinge“ erkannt und bekämpft. Folglich setzt der Schutzmechanismus der körpereigenen Abwehr ein und versucht, die eingepflanzte Niere zu vernichten. Die vom Empfänger als fremd erkannten Gewebeteile des Spenderorgans nennt man Transplantations-Antigene. Sie haften an den Zelloberflächen der Spenderniere. Wenn also die verpflanzten Antigene von den eigenen Antigenen des Körpers als nicht verträglich anerkannt werden, kommt es zu einer Abstoßungsreaktion, und die nicht angenommene Niere stirbt daraufhin ab. Die Gewebeverträglichkeit ist ein besonders komplizierter Bereich in der medizinischen Forschung. Es ist schwierig, ein Spenderorgan zu finden, das in seiner Beschaffenheit mit dem Gewebe des Empfängers übereinstimmt. Nach Schätzungen liegen die Chancen einer Übereinstimmung bei höchstens 1:1000000. Wie also lässt sich das Risiko der Abstoßungsreaktion so gering wie möglich halten, die Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger weitgehend sicherstellen?

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen. Eine einfache Blutentnahme wird bei jedem gemacht, der auf eine Nieren Verpflanzung wartet. Im Labor werden dann Bluttests durchgeführt, um die Gewebetypisierung des Patienten zu ermitteln. Die Ergebnisse speichert ein Zentralcomputer. Sobald eine Spenderniere zur Verfügung steht, werden Informationen über die Gewebeart der Spenderniere mit den gespeicherten Daten von möglichen Empfängern in der Computerzentrale verglichen. Auf diese Weise lässt sich schnell feststellen, in welchem Fall die größte Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger besteht.

Transport ins Krankenhaus

Die dem Spender entnommene Niere wird dann auf dem schnellsten Wege – mit dem Auto, Flugzeug oder Hubschrauber – in das Krankenhaus gebracht, wo die Transplantation stattfinden soll. Es kommt auch vor, dass Nieren über Ländergrenzen hinweg transportiert werden – die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich ist gut. Die Niere wird an der Bauchhinterwand eingepflanzt und mit den Blutgefäßen im Becken verbunden. Mit immunsuppressiven Medikamenten lässt sich die Abwehrreaktion gegen fremdes Gewebe unterdrücken. Sie haben eine Verminderung der Abwehrzellen (Lymphozyten) zum Ziel. Eine unerwünschte Nebenwirkung ist allerdings eine Schwächung der Körperabwehr gegenüber Bakterien- und Pilzinfektionen. Schwere Abstoßungsreaktionen können in den ersten vier Wochen und dann nochmals nach drei oder vier Monaten auftreten. Danach tritt langsam eine Beruhigung ein. Die charakteristischen Symptome der Abstoßungsreaktion sind Verschlechterung der Nierenfunktion, Bluthochdruck, Gewichtszunahme, Fieber und Eiweiß im Urin. Genaue Auskunft über den Zustand der Niere kann eine Nierenbiospie (Entnahme einer Gewebeprobe zur Untersuchung) geben. Dieser einfache chirurgische Eingriff wird im Krankenhaus durchgeführt. Wenn die Abstoßungsreaktion beginnt, müssen die Dosierungen der immunsuppressiven Medikamente vorübergehend erhöht werden. Da Abstoßungsreaktionen besonders häufig im ersten Monat auftreten, brauchen die Patienten nach der Operation eine sehr sorgfältige medizinische Überwachung und Pflege. Die Abstoßung ist wohl die häufigste der anfänglichen Komplikationen. Falls die Operationsnähte nicht einwandfrei sind und Urin durchläuft, kann dies durch einen weiteren Eingriff korrigiert werden. Mehr als 75 Prozent der Patienten werden anfällig für Infektionen. Diese Situation ist natürlich nicht ungefährlich, da die immunsuppressiven Medikamente die Abwehrkräfte schwächen. Regelmäßige Untersuchungen und die Einnahme von Antibiotika sind deshalb für die Patienten sehr wichtig.

Prognose

Mehr als 90 Prozent der Nierenempfänger können drei Monate nach der Transplantation wieder weitgehend normalleben, häufig auch arbeiten: Nierenverpflanzungen sind heute sehr erfolgreich. Viele Ärzte meinen, dass eine Transplantation der Dialyse-Behandlung sogar vorzuziehen sei.