Nierenentzündung

Den Beeinträchtigungen der normalen Nierenfunktion liegen häufig Nierenentzündungen zugrunde. Die Mediziner haben in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse über diese Erkrankungen gewonnen.

Entzündungen in einem Organ sind häufig die Folge einer bakteriellen Infektion. In diesem Zusammenhang bildet auch die Niere keine Ausnahme. Eine direkt durch Bakterien verursachte Nierenentzündung ist genaugenommen eine Nierenbeckenentzündung und wird als Pyelonephritis bezeichnet. Eine Nierenentzündung kann sich aber auch aus strukturellen Veränderungen der Harnkanälchen und insbesondere der Glomeruli (Gefäßknäuel) der Nieren entwickeln. Diese beiden Bauelemente der Nieren sind dann in ihrer Funktion beeinträchtigt, harnpflichtige Stoffe aus dem Blut herauszufiltern und bestimmte lebenswichtige Stoffe rückzuresorbieren (ins Blut zurückzuführen). Diese zweite Form der Nierenentzündung wird von den Medizinern fachsprachlich Glomerulonephritis genannt.

Zu unterscheiden sind die akute und die chronische Pyelonephritis. Die akute Form ist von Fieber begleitet und in den meisten Fällen auf eine von der Blase aufsteigende Infektion zurückzuführen. Das Fieber kann hoch sein und mit Schüttelfrost einhergehen. Außerdem können ein- oder beidseitige Schmerzen im Nierenbereich oder in der Lende bestehen. Der Harndrang ist stark, die Menge des ausgeschiedenen Urins im Gegensatz dazu meist gering.

Nierenbeckenentzündung

Eine chronische Pyelonephritis entwickelt sich durch wiederholte Entzündungen der Niere. Sie verursacht keine Schmerzen. Manchmal wird die Erkrankung erst entdeckt, wenn die Nieren des Patienten die Stoffwechselprodukte nicht mehr richtig filtrieren und rückresorbieren und die Schlackestoffe des Körpers nicht mehr ausreichend ausscheiden. Das führt zu Müdigkeit, allgemeinem Unwohlsein, Blässe und Kopfschmerzen. Außerdem kann Bluthochdruck entstehen. Eine Urinprobe enthält in solchen Fällen Blut und Eiweiß.

Die chronische Pyelonephritis führt zu einer Schrumpfung des betroffenen Organs durch Vernarbung. Man weiß inzwischen, dass die Erkrankung schon in früher Kindheit beginnt. Dabei können die Nieren zu dieser Zeit noch ganz normal arbeiten. Doch hat der Prozess der Vernarbung und Schrumpfung erst einmal begonnen, wird die Nierenfunktion stetig schlechter, was sich möglicherweise erst im Erwachsenenalter auswirkt In seltenen Fällen wird eine chronische Nierenbeckenentzündung bei Kindern dadurch hervorgerufen, dass der Harnleiter aufgrund eines Defekts oder einer Fehlbildung den Urin nicht in die Blase entleeren kann. Der Urin fließt dann im Harnleiter zurück, was Infektionen begünstigt. Sie treten immer wieder auf und werden schließlich chronisch.

Der Rückfluss des Urins kann mit einem speziellen Röntgenverfahren festgestellt werden. Jedes Kind, das Harnwegsinfektionen durchmacht, sollte darauf untersucht werden.

Glomerulonephritis

Bei der Glomerulonephritis liegt eine Entzündung der Niere im allgemeinen und eine Entzündung der Glomeruli (Gefäßknäuel) im besonderen vor. Eine Glomerulonephritis tritt immer beidseitig auf. Ursachen und Formen sind jedoch vielfältig. Eine genaue Aussage darüber lässt sich nur anhand einer Gewebsprobe machen, die man unter dem Elektronenmikroskop untersucht. Ursache kann zum Beispiel eine Streptokokken-Infektion im Nasen-Rachen-Raum sein. Der Körper bildet Antikörper gegen die Streptokokken-Bakterien, die in den Glomeruli abgelagert werden und sie da mit in ihrer Funktion hemmen.

Möglicherweise geht eine Glomerulonephritis auch mit rheumatischen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen, wie Lupus Erythematodes, einher. Meist jedoch findet man keine eindeutige Ursache. Mediziner bezeichnen die Erkrankung dann auch als idiopathisch (von sich aus entstanden). Die Glomerulonephritis macht sich durch eine Reihe von Symptomen bemerkbar, die zusammen auftreten und ein charakteristisches Krankheitsbild ergeben (Syndrom).

Es gibt zwei Arten von Syndromen. Beim ersten, der akuten Glomerulonephritis, ist die Urinproduktion verringert. Gleichzeitig sammelt sich das zurückgehaltene Wasser im Gewebe an und führt zu Schwellungen (Ödemen), oft im Gesicht und an den Knöcheln, oder sogar zu Lungenödem. Die Flüssigkeit in den Lungen führt zu schweren Atemstörungen. Ständig ist Blut im Urin, der Blutdruck üblicherweise etwas erhöht. Mit gezielten Blut- und Urintests lässt sich die Funktionsschwäche der Nieren diagnostizieren.

Eine andere Kette von Symptomen bei Glomerulonephritis wird als nephrotisches Syndrom bezeichnet. Es kommt bei Kindern häufiger vor als bei Erwachsenen und bedeutet: massiver Eiweißverlust über den Urin und damit eine Senkung der Eiweißwerte im Blut. Ein erstes Symptom sind Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe. Prinzipiell können sie in jedem Teil des Körpers auftreten, bevorzugt sammelt sich die Flüssigkeit jedoch in lockerem Gewebe an, zum Beispiel um die Augen herum und in den männlichen Genitalien. Auch die Beine und Knöchel schwellen an. Beim nephrotischen Syndrom gehen in den meisten Fällen etwa fünf Gramm Eiweiß pro Tag mit dem Urin verloren. In sehr schweren Fällen kann ein Patient bis zu 25 Gramm Eiweiß verlieren.

Der Eiweißmangel im Blut lässt ein Konzentrationsgefälle entstehen, das die Flüssigkeit aus dem Blut in die Körpergewebe fließen lässt.

Risiken

Die Hauptkomplikation bei jeder Art von Nierenerkrankung ist die Entwicklung eines Nierenversagens. Das heißt, dass die Patienten nicht mehr lebensfähig sind – es sei denn, die Nieren werden bei der Entfernung der Schlackestoffe von einer künstlichen Niere unterstützt, oder es wird eine Niere transplantiert. Eine akute Nierenbeckenentzündung führt normalerweise nicht zu Nierenversagen. Aber bei chronischer Nierenbeckenentzündung und den meisten Arten von Glomerulonephritis ist das Risiko größer. Im allgemeinen kann man sagen, dass die Gefahr eines Nierenversagens bei hohem Blutdruck zunimmt. Eine akute Nierenbeckenentzündung kann man mit Antibiotika und einer erhöhten Flüssigkeitsaufnahme (vier bis fünf Liter pro Tag) behandeln. Erkrankt ein Patient jedoch wiederholt an akuter Nierenbeckenentzündung, muss – besonders bei Kindern – ein Rückfluss des Urins von der Blase in die Nieren ausgeschlossen werden. Das wird dann durch eine Operation erreicht.

Behandlung und Aussichten

Bei Kindern mit wiederholten Harnwegsinfektionen wird durch verlängerte Antibiotikabehandlung das Risiko der Nierenschrumpfung verringert. Um eine Glomerulonephritis richtig behandeln zu können, muss der Arzt die genaue Form der Erkrankung kennen. Dazu wird eine Gewebsprobe aus der Niere entnommen und unter dem Elektronenmikroskop untersucht. Es gibt Glomerulonephritis-Formen, die ohne Behandlung mit Tabletten ausheilen können. Bei anderen werden Corticosteroide (Kortisonpräparate) gegeben, bei ursächlichen Autoimmunerkrankungen Medikamente gegen vermehrte Antikörperbildung im Blut (Immunsuppressiva) verordnet.

Ödeme werden durch harntreibende Mittel und eine salzarme Diät abgebaut. Ein schwerer Eiweißverlust muss auch diätetisch, daher durch eine vermehrte Eiweißaufnahme ausgeglichen werden. Es sei denn, das Nierenversagen ist schon so weit fortgeschritten, dass das angebotene Eiweiß nicht mehr filtriert und verwendet wird. Dann kann ein vermehrter Eiweißkonsum mehr schaden als nützen.