Nervenentzündung

Nervenentzündungen zählen zum Krankheitsbild zahlreicher Erkrankungen. Auch chronischer Alkoholismus zieht in extremen Fällen Nervenstörungen nach sich, die jedoch bei konsequenter Abstinenz abklingen.

Nervenentzündungen werden heute vielfach als Polyneuropathien (Nervenleiden) bezeichnet, wobei dieser Begriff auch die nichtentzündlichen Ursachen der Nervenerkrankungen mit einbezieht. Während die Polyneuropathien, die auf entzündlicher Grundlage basieren, durch eine Bakterien- oder Vireninfektion verursacht werden, liegen bei anderen neuropathischen Störungen Stoffwechsel- und Gefäßkrankheiten sowie bösartige Erkrankungen zugrunde. Viele Polyneuropathien werden durch chronische Vergiftungen – vielfach durch Alkohol – verursacht. Früher spielten Blei und Arsen im Rahmen der Nervenstörungen eine bedeutende Rolle.

Der Schweregrad der Krankheit kann von Taubheitsgefühl in den Fingerspitzen bis zu rasch fortschreitender Lähmung der gesamten Muskulatur reichen. Eine Nervenentzündung kann als Begleit- oder Folgeerkrankung verschiedener Infektionskrankheiten auftreten. Nervenentzündungen sind nicht allzu seltene Begleiterscheinungen bei Viruserkrankungen wie Grippe, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Die Symptome können von Empfindungsstörungen bis zu schlaffen Lähmungen reichen. Manchmal kann es sehr lange dauern, bis sich bei virusbedingten Polyneuropathien eine Besserung erzielen lässt.

Bakterielle Infektion

Eine andere Gruppe von Nervenentzündungen wird durch toxische (giftige) Wirkung bakterieller Infektionserreger verursacht. Vor dem gezielten Einsatz von Antibiotika traten diese Nervenentzündungen vor allem bei schwerer Diphtherie auf. Die Folge waren Lähmungserscheinungen der Gaumensegel- und Schlundmuskulatur sowie mehr oder weniger komplette Lähmung der Gliedmaße.

Nervenentzündungen können auch in Zusammenhang mit Typhus, Paratyphus, Fleckfieber und Sepsis (Blutvergiftung) auftreten. Eine sehr schwere Nervenentzündung ist das Guillain-Barre-Strohl-Syndrom. Diese Erkrankung kann unter anderem die Folge von Mumps, Gürtelrose oder Leukämie sein und tritt jahreszeitlich gehäuft im Frühjahr und Herbst auf. Die recht typische Symptomatik ist geprägt von beginnenden Taubheitsgefühlen, Schwäche und Schmerzen in den Gliedmaßen. Es folgen Lähmungserscheinungen der Arme und Beine, die sich innerhalb weniger Tage zu einer kompletten Lähmung mit Beteiligung des Zwerchfells entwickeln.

Sehr ernst wird die Krankheit, wenn die Gehirnnerven betroffen sind. In der Regel bilden sich die Krankheitserscheinungen in der umgekehrten Reihenfolge ihres Auftretens über einen Zeitraum zwischen ein und zwölf Wochen allmählich wieder zurück. Die Therapie richtet sich vor allem auf die Behebung der Atem- und Blasenstörungen. Die Gabe von Kortison ist dabei umstritten.

Diabetische Polyneuropathie

Bei fast einem Drittel aller Polyneuropathien wird Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) als Ursache in Betracht gezogen. Über 80 Prozent aller Diabetiker weisen gewisse Symptome einer Polyneuropathie auf. Die Ursache dieser Nervenstörungen im Rahmen des Diabetes wird im Zusammenhang mit Durchblutungsstörungen der zu den Nerven führenden Gefäße gesehen. Außerdem werden diese Symptome durch Ernährungsstörungen der Nerven und der beim Diabetes anfallenden giftigen Stoffwechselprodukte verursacht. Diese ursächlichen Faktoren führen zu einer Schädigung der Nervenumhüllung (Mark- oder Myelinscheide).

Polyneuropathie ist ein Frühsymptom von Diabetes. Das Krankheitsbild ist geprägt durch Empfindungsstörungen wie Kribbeln, Brennen und Taubheit, besonders in den Füßen und vorwiegend nachts. Die Symptome können isoliert oder gemeinsam mit anderen Störungen auftreten. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang Blasenstörungen, und viele Diabetiker leiden auch an quälenden Muskelkrämpfen, insbesondere Wadenkrämpfen, eventuell muss der Betroffene seine Lebensweise von Grund auf ändern. In manchen Fällen ist es notwendig, einen bisher mit Tabletten und Diät behandelten Diabetes auf Insulin umzustellen. Ebenfalls kann eine Behandlung mit Vitamin B versucht werden.

Nervenstörungen durch Alkohol

Nervenentzündungen sind wohl die häufigsten Komplikationen beim chronischen Alkoholismus. Sie werden durch die unmittelbare giftige Wirkung des Alkohols und seiner Abbauprodukte verursacht. Auf der anderen Seite dürfte aber auch die häufig anzutreffende Mangelernährung alkoholkranker Menschen eine Rolle spielen, bei der insbesondere dem Vitamin-B-Mangel eine große Bedeutung beizumessen ist. Die Vitamine der Gruppe B sind nämlich unerlässlich für die Ernährung der Nerven, insbesondere Vitamin B1, B2 , B6 und B12. Sogar eine relativ unausgewogene Diät enthält immer noch genug Vitamin B, um Mangelerscheinungen auszuschließen. Wenn der Körper jedoch bestimmte Vitamine nicht verwerten kann, kommt es unter Umständen zu einer Polyneuropathie.

Die Symptomatik einer Nervenstörung aufgrund von chronischem Alkoholismus reicht von Empfindungsstörungen mit Kribbeln und Schmerzen bis zu Sehstörungen und Lähmungserscheinungen, wobei insbesondere die Füße betroffen sind. Die Behandlung dieser Symptome hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn totale Alkoholabstinenz eingehalten wird. Gleichzeitig erhält der Betroffene Gaben von Vitamin B1 und in manchen Fällen auch B12.

Eine immer größere Bedeutung erlangen die medikamentös bedingten Polyneuropathien. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Zytostatika (Krebsmittel). Man versucht dann oft, die Schädigung der Nerven durch hohe Vitamingaben abzuschwächen.