Nebenwirkungen

Genetische Defekte

Manche Nebenwirkungen von Medikamenten hängen mit bekannten genetischen (ererbten) Defekten zusammen. So gibt es eine erbliche Krankheit, die den Namen Favismus trägt – es handelt sich um einen Typ der Anämie, der anfallsweise nach dem Genuss von Saubohnen (Favabohnen) auftritt – und deren Symptome sich auch bemerkbar machen, wenn jemand, der diese Veranlagung geerbt hat, beispielsweise mit Malariamitteln behandelt wird.

Medikamente werden vom Stoffwechsel jedes einzelnen Menschen anders verarbeitet. Unter Stoffwechsel versteht man in diesem Fall den Prozess, durch den der Körper Medikamente aufnimmt (absorbiert), verwertet und ausscheidet, wobei er sie verändert und inaktiv macht. Ein häufig vorkommender Stoffwechselvorgang ist ein Prozess, der als Azetylierung bezeichnet wird. In diesem Azetylierungsprozess wird das Medikament chemisch verändert. Diese chemischen Veränderungen finden hauptsächlich in der Leber statt. Man hat festgestellt, das die meisten Menschen Medikamente wie Sulfonamide rasch azetylieren, während bei manchen Patienten dieser Vorgang sehr viel länger dauert. Die Veranlagung zur schnellen oder langsamen Azetylierung ist erblich.

Menschen mit langsamer Azetylierung können Schwierigkeiten mit dem Tuberkulosemittel Isoniazid bekommen: Bei ihnen treten Nebenwirkungen wie Funktionsstörungen der Hautnerven auf, die wiederum zu Taubheitsgefühlen führen.

Arzneimittelallergien

Die meisten Nebenwirkungen, mit denen es ein Arzt in seiner Praxis zu tun bekommt, sind auf eine Allergie zurückzuführen. Allergie gegen ein Arzneimittel bedeutet, dass das Immunsystem des Körpers von dem Medikament aktiviert wird und gewissermaßen einen Angriff auf den Eindringling unternimmt, was sich dann als Symptom bemerkbar macht – im allgemeinen ein Hautausschlag, der oft mit Fieber einhergeht. Eine Reaktion dieser Art, die Anaphylaxie, auch als anaphylaktischer Schock bezeichnet, ist die extremste Form einer Arzneimittelallergie. In dieser Situation führt ein Medikament zu einem fast sofortigen Schock, einem Absacken des Blutdrucks, Atemnot und Hautausschlag. Diese Reaktion tritt am häufigsten bei Penicillin auf, ist aber eine recht seltene Erscheinung.

Anaphylaxie kommt im allgemeinen aber nur vor, wenn das Medikament gespritzt, also nicht, wenn es in Tablettenform eingenommen wird. Bei Anaphylaxie hilft eine sofortige Behandlung mit Adrenalin und ähnlich wirkenden Medikamenten. Hautausschläge sind allergische Reaktionen, und es gibt kaum ein Medikament, das noch nie solche Hautprobleme ausgelöst hat. Der Ausschlag kann ganz plötzlich auftreten oder sich im Laufe von ein bis zwei Tagen entwickeln. Auch das Blut wird von vielen Medikamenten beeinflusst, und dabei handelt es sich ebenfalls meist um eine Allergie und die Bildung abnormer Antikörper durch das Immunsystem. In manchen Fällen wird durch das Medikament die Bildung weißer Blutkörperchen verhindert. Das ist nur bei wenigen Medikamenten der Fall, kann aber tödliche Folgen haben und schränkt deshalb natürlich die Verwendungsmöglichkeit der betreffenden Medikamente stark ein.

Das Antibiotikum Chloramphenikol ist ein Beispiel dafür, und es wird heute nur noch bei lebensbedrohenden Infektionen wie Typhus oral oder durch Injektion verabreicht. Schließlich sind die unerwünschten Nebenwirkungen eines bestimmten Medikaments oft unvermeidlich, da sie durch die Wirkungsweise des Medikaments bedingt sind. So kann ein Antibiotikum Durchfall auslösen, indem es die Bakterien abtötet, die normalerweise den Dickdarm besiedeln. Ein Antibiotikum wird ja mit der Absicht verordnet, Bakterien abzutöten, und so liegt es in der Natur der Sache, dass es auch Bakterien beseitigt, die der Körper für die Verdauung benötigt.

Steroide

Auch Steroide haben unvermeidliche Nebenwirkungen. Steroidhormone sind ein wesentlicher Bestandteil des Körpers und haben vielerlei Wirkung im ganzen Körper. Wenn sie als Medikament verabreicht werden, geschieht dies im allgemeinen in Ausnutzung ihrer Fähigkeit, die Aktivität des Immunsystems zu dämpfen. Steroide behindern aber auch die Anlagerung von neuem Eiweiß und regen den Körper gleichzeitig zur Bildung von mehr Fett an. Das wiederum führt zu dem Mondgesicht und der Gewichtszunahme, wie sie für Menschen charakteristisch sind, die Steroide in hohen Dosierungen nehmen müssen; gleichzeitig bilden sich die Muskeln leicht zurück, und sogar die Knochen können schwächer werden (Gefahr einer Osteoporose).