Muskelsteifheit

Schon eine leichte Muskelsteifheit kann lästig sein, weil sie die Beweglichkeit einschränkt und auch vielfach schmerzhaft ist. Regelmäßige Gymnastik tut dann gut.

Muskelsteifheit ist eine unangenehme und hinderliche Beschwerde, die auch oftmals von der Umwelt nicht ernst genommen wird. Die Lähmung – eine ungleich schwerere Stufe der Muskelsteifheit – beeinträchtigt auf ähnliche Weise unsere Bewegungsfreiheit, die eine wesentliche Voraussetzung für eine normale Lebensführung ist. Die leichteste Form der Muskelsteifheit ist der Muskelkater, den wohl jeder von uns kennt. Muskelkater bekommt man immer dann, wenn man die Muskeln längere Zeit nicht trainiert hat oder sie ungewohnter Anstrengung, also eigentlich Überanstrengung, unterwirft. Die Muskeln wehren sich dagegen mit Steifheit und Schmerzen; ein Beispiel ist der Muskelkater nach einer anstrengenden Bergtour.

Der Muskelkater kann unterschiedlich auftreten. Manchmal tritt er schon während der Anstrengung auf, aber oftmals auch erst nach einigen Stunden oder sogar ein bis zwei Tagen. Im ersten Fall ist die Muskelsteifheit auf die stark erhöhte Ansammlung von Abfallstoffen im Muskelgewebe zurückzuführen. Einen arbeitenden Muskel könnte man mit einem Automotor vergleichen. Er braucht – wie der Automotor – Treibstoff, den er über die Blutbahn in Form von Nährstoffen erhält, die aus der aufgenommenen Nahrung stammen. Dieser Treibstoff vermischt sich mit Sauerstoff und verbrennt. Abfallstoffe Durch diesen Verbrennungsvorgang entsteht Energie, die für die Muskelarbeit benötigt wird. Dauert die Belastung einige Zeit an, kommt es zur Anhäufung von Abfallstoffen, die in den betreffenden Muskeln Schmerzen und Steifheit hervorrufen, wenn sie nicht rechtzeitig entfernt werden.

Normalerweise werden diese Abfallstoffe ohne weiteres abgeführt, und die Muskeln arbeiten einwandfrei und schmerzlos. Es gibt jedoch Situationen, in denen sich die Abfallstoffe im Muskel so erheblich anreichern können, dass es zu Muskelsteifheit kommt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Muskeln sehr stark beansprucht werden und dabei Abfallstoffe schneller entstehen, als sie vom Blut abtransportiert werden können. In anderen Fällen ist das Netz der Blutgefäße nicht so gut ausgebildet, weil die Muskeln kaum beansprucht werden oder untrainiert sind. Das führt dazu, dass die Blutmenge, die die notwendigen Nährstoffe bereitstellen und die Abfallstoffe abtransportieren soll, nicht ausreicht.

Ein Abfallstoff, der bislang für die Muskelsteifheit verantwortlich gemacht wurde, ist die Milchsäure. Sie galt auch als Auslöser für den Muskelkater, der sich erst nach Stunden oder Tagen bemerkbar macht. Neuere Untersuchungen belegen aber, dass selbst hohe Milchsäurekonzentrationen in knapp einer Stunde nach der Anstrengung abgebaut werden, also als Verursacher des Muskelkaters nicht in Frage kommen. Das vermehrte, wenn auch nur kurzfristige Anfallen saurer Stoffwechselprodukte könnte aber – so eine noch nicht endgültig bewiesene Theorie – eine Entzündung des Muskelgewebes mit Symptomen wie Rötung, Schwellung und Wärme hervorrufen.

Eine andere Theorie geht davon aus, dass der Muskelkater durch Mikrotraumen entsteht,daher, die ungewohnte Tätigkeit überdehnt und zerreißt Muskelfasern und Bindegewebe. Wiederum entwickelt sich eine Entzündung mit anschließender Heilung. Demnach gibt es nur quantitative Unterschiede zwischen einem Muskelkater und einer Muskelverletzung. Beide gehen mit Schmerzen und dem Gefühl von Schwellung und Steifheit einher.

Verletzung

Verletzungen der Muskeln oder der Gelenke sind entweder die Folge einer Zerrung oder Verrenkung oder darauf zurückzuführen, dass durch einen Schlag Blutergüsse, Quetschungen und andere Schäden am Gewebe verursacht werden. Die als Begleiterscheinung auftretende Steifheit verschwindet im allgemeinen nach ein paar Tagen wieder, weil das Gewebe sich dann regeneriert hat. In manchen Fällen verschwindet die Steifheit jedoch nicht, weil entweder der betreffende Körperteil nicht die nötige Ruhe bekommen hat oder weil sich minimale Verklebungen zwischen den Geweben gebildet haben, die normalerweise reibungslos aneinander vorbeigleiten.

Wie jeder entzündliche Prozess ruft auch eine Verletzung der Gewebe eine Ansammlung von Flüssigkeit hervor, die die entzündeten Strukturen wie ein Polster schützen soll. Diese Flüssigkeit wird dann im allgemeine wieder in die Blutbahn aufgenommen, wenn die Entzündung abklingt. In manchen Fällen verdickt sie sich jedoch durch verstärkte Eiweißeinlagerung zu einer klebrigen Substanz, und das kann dazu führen, dass benachbarte Gewebe zusammenkleben. Diese Verletzungen führen dann zu einer eingeschränkten Beweglichkeit der betreffenden Körperteile.

Verletzte Muskeln und Gelenke sollten deshalb regelmäßig vorsichtig bewegt werden, damit es erst gar nicht zu solchen Verklebungen kommt. Das ist natürlich nicht möglich, wenn ein Körperteil ganz ruhiggestellt werden muss – etwa nach einem Knochenbruch -, und die Folge ist, dass die Muskeln bei den ersten Bewegungsversuchen ziemlich steif sind. Diese Steifheit lässt sich im allgemeinen durch krankengymnastische Übungen oder Massage überwinden.

Eine weitere häufige Ursache von Muskelsteifheit sind Gelenkentzündungen. Deshalb ist sie auch immer eine Begleiterscheinung von Gelenkentzündung (Arthritis). Besonders ausgeprägt ist die Muskelsteifheit bei rheumatoider Arthritis, also Arthritis, die hauptsächlich die kleineren Gelenke befällt. Oft macht sich die Krankheit zuerst durch Steifheit der Finger, vor allem morgens, und nicht durch Schmerzen bemerkbar. Die Steifheit kann jahrelang das einzige Symptom bleiben.

Arthrose als Ursache

Bei Gelenkverschleiß (Arthrose), der überwiegend die größeren Gelenke befällt, beispielsweise die Hüft- und Schultergelenke, treten zuerst Schmerzen auf, und Steifheit und Unbeweglichkeit entwickeln sich erst später. Muskelsteifheit kann besonders bei älteren Menschen zum Problem werden, weil sie nicht nur die Beweglichkeit einschränkt, sondern auch Frustrationen hervorruft. Oft handelt es sich dabei um Begleiterscheinungen von Arthritis und Arthrose, aber häufiger tritt eine zunehmende allgemeine Steifheit aller Gelenke und Muskeln als normale Folge der abnehmenden körperlichen Leistungsfähigkeit (Elastizitätsverlust der Gewebe) im höheren Alter auf.

Muskelsteifheit wirkt sich auf verschiedene Körperteile unterschiedlich aus. Nackensteifheit wird überwiegend durch eine Halsverrenkung, durch Zugluft, entzündete Ohrspeicheldrüsen oder Lymphknotenschwellung sowie Erkrankungen der Gelenke zwischen den Halswirbeln (Spondylose) ausgelöst. Steifheit der Rückenmuskeln ist eine Begleiterscheinung vieler Krankheiten und oft von Schmerzen in diesem Bereich begleitet. Wirbelsäulenschäden wie ein Buckel (Kyphose), eine seitliche Rückgratverkrümmung (Skoliose) oder ein Hohlkreuz (Lordose) können alle zu Rückensteifheit führen. Entzündungs- und Verschleißprozesse in den Gelenken zwischen den Wirbeln beeinträchtigen ebenfalls die Beweglichkeit und führen zu Steifheit. Beschwerden wie Ischias und Hexenschuss, die mit starken Schmerzen bei leichter Bewegung der Wirbelsäule verbunden sind, führen im allgemeinen dazu, dass sich die Bänder und Stützmuskeln verspannen oder verkrampfen, wodurch die Beweglichkeit eingeschränkt und der Schmerz begrenzt werden sollen. Solche Verkrampfungen führen unweigerlich zu Muskelsteifheit.

Entzündliche Prozesse

Schultern, Arme und Hände sind Körperteile, die für Muskelsteifheit besonders anfällig sind. Überbeanspruchungen, Verletzungen wie Verstauchungen, Arthritis und andere entzündliche Prozesse können dazu führen, dass sich die Muskeln, Sehnen und Bänder in der Umgebung des Schultergelenks verspannen, was zu extremer Muskelsteifheit führt. Bei einer „schmerzhaften Schultersteife“ nehmen Steifheit und Schmerzen bei Bewegung allmählich zu. Trotzdem muss das Gelenk regelmäßig bewegt werden, weil sonst eine noch ausgeprägtere und langwierigere Steifheit die Folge ist. Steifheit im Ellbogen oder in den Handgelenken ist in den meisten Fällen die Folge einer Arthritis, kann aber auch auf wandernde Knochenteilchen zurück- , zuführen sein.

Fingersteifheit kann eine Reihe von Ursachen haben, darunter ebenfalls Arthritis, oder eine Folge einer Unfallverletzung sein. Gelegentlich kann sich auch die Sehnenscheide einer oder mehrerer Fingersehnen entzünden, so dass Fingerbewegungen mühsam und schmerzhaft werden. Muskelsteifheit in den Beinen ist überwiegend auf Arthrose zurückzuführen, die ja häufig die Hüft- und Kniegelenke befällt. Ein steifes Knie kann auf einem Meniskusriss beruhen oder aber auf lockeren Teilchen wie Knochensplitter oder abgerissenen Knorpelteilchen. Als Ursachen für Steifheit in den Fußgelenken oder Füßen kommen eine frühere Verletzung, eine nicht ausreichend behandelte Verstauchung, schlecht sitzende Schuhe, eine Überanstrengung des Fußes oder eine Entzündung der Sehnen in Frage, die die Zehen bewegen. Der große Zeh wird manchmal ganz plötzlich von schmerzhafter Steifheit befallen, wodurch das Gehen erschwert wird. Das bezeichnet man als Hallux rigidus.

Behandlung und Vorbeugung

Es steht eine Vielfalt von Behandlungsmethoden für Muskelsteifheit zur Verfügung, ganz gleich, welche eigentliche Ursache zugrunde liegt und welcher Körperteil befallen ist. Häufig verschwinden die Beschwerden bereits vollständig, wenn man die betreffenden Muskeln ein paar Tage lang warm hält, schont und vor allem nichts Schweres trägt. Einfache Übungen tragen dazu bei, dass der befallene Körperteil seine normale Beweglichkeit wieder zurückgewinnt.

In hartnäckigen Fällen wird in der Facharztpraxis zusätzlich mit Bestrahlung und Packungen oder Hydrotherapie (Wasserbehandlung) gearbeitet. Auch betäubende oder entzündungshemmende Medikamente, die in das betroffene Gebiet injiziert werden, vermögen die Beweglichkeit zu verbessern. Häufig werden auch entzündungshemmende Medikamente in Tablettenform verordnet. Zu den bekanntesten gehört die Acetylsalicylsäure.

Kann die Beweglichkeit nicht durch die genannten Maßnahmen wiederhergestellt werden, hilft unter Umständen nur noch eine Operation, bei der ein künstliches Gelenk eingesetzt wird. Man beugt diesen Beschwerden aber am besten mit regelmäßigen gymnastischen Übungen vor. Sport treibende können sich eine schmerzhafte Muskelsteifheit ersparen, wenn sie ihr Trainingsprogramm langsam beginnen und sich vor Beginn der sportlichen Betätigung gründlich aufwärmen.