Viele Patienten mit Kammerflimmern können heute durch den Einsatz von Defibrillatoren gerettet werden. Diese Geräte beseitigen Störungen der Herzmuskeltätigkeit durch Stromstöße bestimmter Stärke.
Das rhythmische Schlagen unseres Herzens wird durch einen natürlichen Schrittmacher gesteuert, der als Sinusknoten bezeichnet wird. Im Sinusknoten entstehen die elektrischen Impulse, die sich dann über ein System elektrisch leitfähiger Gewebe durch das Herz ausbreiten. Dieses elektrische Zeitgebersystem wird als Reizleitungssystem bezeichnet. Bricht die elektrische Tätigkeit des Herzens plötzlich zusammen, kommt es zu Störungen der geordneten Herztätigkeit, zu Rhythmusstörungen. Die extremste Form der Rhythmusstörung ist das Kammerflimmern.
Beim Kammerflimmern ist das Herz nicht mehr in der Lage, seine Pumpfunktion aufrechtzuerhalten. Es kommt zum Kreislaufstillstand. Dem Kreislaufstillstand folgt innerhalb von Sekunden Bewusstlosigkeit. Diese lebensbedrohliche Situation muss innerhalb von drei bis vier Minuten beherrscht werden, da sonst irreparable Hirnschäden die Folge wären. Durch Herzmassage und Beatmung kann die Zeit bis zum Einsatz therapeutischer Maßnahmen wie Defibrillation (Beseitigung des Kammerflimmerns durch Stromstöße) hinausgezögert werden.
Ursachen des Kammerflimmerns
Häufigste Ursache des Kammerflimmerns ist der Herzinfarkt. Ein Herzinfarkt entwickelt sich gewöhnlich auf dem Boden einer Herzkranzgefäßerkrankung. Kommt es nun aufgrund einer Thrombose oder Embolie zum Verschluss einer Herzkranzarterie, werden bestimmte Herzmuskelabschnitte nicht mehr durchblutet, und es kann sich in diesen Abschnitten keine elektrische Erregung mehr ausbreiten. Diese Störung kann unter Umständen das Kammerflimmern auslösen.
Auch andere Herzerkrankungen können Kammerflimmern auslösen. Zum Beispiel können Reizleitungsstörungen im Kammergewebe zur Tachykardie (Herzjagen) führen. Bei manchen Arten der Tachykardie ist die Herzfrequenz so hoch, dass sie vom Herzen nur für kurze Zeit bewältigt werden kann; sie geht dann in ein Kammerflimmern über. Bei einer anfallsweisen Tachykardie beträgt die Herzschlagfrequenz 150 bis 200 Schläge in der Minute, bei Kammerflimmern jedoch 300 bis 400.
Behandlung
Revolutioniert wurde die Behandlung des Kammerflimmerns durch den Gebrauch von Defibrillatoren. Der Defibrillator ist ein elektrisches Gerät zur Beseitigung des Kammerflimmerns. Mit diesem Gerät versetzt man dem Herzen über zwei Elektroden einen Elektroschock. Diese Elektroden werden auf der Brust angebracht, eine auf dem Brustbein und die zweite direkt über der Herzspitze (fünfter Zwischenrippenraum) . Die elektrische Defibrillation beruht auf dem Prinzip, dass ein Elektroschock die gleichzeitige elektrische Erregung aller Herzmuskelzellen auslöst. Damit wird gewissermaßen reiner Tisch gemacht, so dass das körpereigene Reizleitungssystem neu beginnen und wieder selbst für eine geordnete elektrische Tätigkeit des Herzens sorgen kann.
Risikogruppen
Große Anstrengungen werden von Seiten der Ärzte unternommen, bei potenziell gefährdeten Patienten die drohende Gefahr des Kammerflimmerns gezielt mit Medikamenten abzuwenden. Besonders gefährdet sind beispielsweise Patienten, die bereits eine Attacke gehabt haben.
Auch Herzinfarktpatienten laufen Gefahr, dass es nach dem Infarkt auch zum Kammerflimmern kommt. Kontinuierliche EKG-Überwachungen bei Infarktpatienten haben gezeigt, dass ungefähr 90 Prozent aller Infarktpatienten Rhythmusstörungen haben, wobei das Kammerflimmern die bedrohlichste Form der Rhythmusstörung ist. Da dieses Risiko in den ersten 24 bis 48 Stunden nach dem Herzinfarkt am größten ist, bleiben die Patienten gewöhnlich in den ersten Tagen auf der Intensivstation, bis die kritische Phase überstanden ist.
Nach einem Herzinfarkt wird ein Patient oft vom Kammerflimmern ereilt, bevor er von einem Notarzt oder auf einer Intensivstation behandelt werden kann. Innerhalb der ersten Stunde sterben ungefähr 25 Prozent aller Herzinfarktpatienten infolge des Kammerflimmerns. Mit der „mobilen Intensivstation“ – dem Notarztwagen – ist es inzwischen möglich, viele Patienten rechtzeitig zu behandeln und zu retten.