Homöopathie

In der Homöopathie geht man davon aus, dass eine Arznei ein Leiden nur heilen oder bessern kann, wenn sie die Stoffe enthält, die die Krankheit auch auslösen können. Diese Heilmethode ist heute noch umstritten.

Homöopathie ist ein Heilverfahren, das Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland von Dr. Samuel Hahnemann begründet wurde. (Der Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „der Krankheit ähnlich“.) Er legte seiner Theorie das Prinzip zugrunde: „Ähnliches soll Ähnliches heilen“. Hahnemann ging davon aus, dass die kleinste Dosis einer Arznei eine Krankheit heilen kann, indem sie die natürlichen Abwehrmechanismen gegen die Krankheit anregt. Im Prinzip lässt sich dies mit einer Impfung vergleichen, bei der eine kleine Menge einer bakterien- oder virushaltigen Substanz injiziert wird, um die Bildung von Antikörpern in Gang zu setzen, die im Körper weitere Infektionen abwehren. Die Homöopathie wird heute entweder von Ärzten praktiziert, die nach ihrem Medizinstudium eine Zusatzausbildung gemacht haben, oder von Heilpraktikern. In den meisten westlichen Ländern gibt es auch seit langem Vereinigungen für Homöopathen.

Die Homöopathie beruht auf der Annahme, dass ein gesunder Körper in der Lage ist, sich vor Krankheit und schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen und sich selbst wieder zu heilen, wenn er vorübergehend aus dem Gleichgewicht gerät. Seit Hippokrates, dem griechischen Arzt und Vater der abendländischen Heilkunde, der im fünften Jahrhundert v. ehr. lebte, glaubten zahlreiche Ärzte daran, dass die verschiedenen Körperfunktionen von einer Lebenskraft kontrolliert und aufrechterhalten werden, die unabhängig von den Zellen, Geweben und Organen des Körpers existiert. Als sich im vergangenen Jahrhundert die Medizin zunehmend naturwissenschaftlich orientierte, neigten Ärzte dazu, alles anzuzweifeln, was nicht im Laboratorium gemessen oder in Reagenzgläsern nachgewiesen werden konnte. Aber in jüngerer Zeit haben Forschungen auf dem Gebiet der Physik und Biologie gezeigt, dass es keine strikte Trennung zwischen Materie und Energie gibt.

Für die Lebensfunktionen ist Energie notwendig, die nach Ansicht der Homöopathen aus physikalischen, chemischen und elektromagnetischen Kräften besteht. Manche Wissenschaftler glauben heute, dass es sich bei der Lebenskraft tatsächlich um eine Form elektromagnetischer Energie handelt, die alle Lebensfunktionen kontrolliert, und über die die Wissenschaft mehr herausfinden wird, wenn es eines Tages empfindlichere wissenschaftliche Geräte gibt, die diese Lebenskraft zu messen vermögen. Homöopathen glauben, dass ihre Arzneien deshalb wirksam sind, weil sie die elektromagnetische Energie, die sich im Körper und um ihn herum befindet, beeinflussen und stärken. Dies wiederum hat eine positive Wirkung auf Wiederherstellung von Gesundheit und Lebenskraft des Patienten.

Wirkungsweisen

Die Homöopathie unterscheidet sich insofern von der Schulmedizin, als sie eine Krankheit nicht als genau definierbaren Zustand betrachtet, der bei jedem Menschen gleich ist, da Menschen – abhängig von Körpertypus, Persönlichkeit, Emotionen und Situation, auf eine Erkrankung individuell reagieren. Deshalb gibt es, beispielsweise für Grippe, nicht nur ein homöopathisches Mittel, sondern verschiedene, die dem Spektrum individueller Reaktionen entsprechen. Homöopathische Verordnungen sind also individuell: Ob du ein Kratzen im Hals hast, hitzeempfindlich bist, Süßspeisen magst oder leicht weinst – all dies hat Einfluss auf die Wahl der Arznei.

Homöopathen nehmen für sich in Anspruch, nicht die Krankheit, sondern den ganzen Menschen zu behandeln. Der Patient wird als ein Organismus betrachtet, der mit einem schädlichen Einfluss kämpft, und nicht nur als ein „Fall von Blasenkatarrh“. In der Homöopathie wird versucht, dem Patienten zu helfen, sich von der Krankheit zu befreien, indem die natürlichen Abwehrmechanismen des Körpers gestärkt werden. Homöopathische Mittel werden aus pflanzlichen, tierischen und anderen Mineralien hergestellt. Jedes neue Mittel wird zunächst an gesunden Versuchspersonen geprüft, um festzustellen, welche Symptome die Arznei hervorruft – ein Vorgang, der mehrere hundert- oder tausendmal wiederholt wird. Die Versuchspersonen müssen so genau wie nur irgend möglich über die von der Substanz hervorgerufenen Symptome berichten, die dann in einem Buch, dem homöopathischen Arzneibuch, gesammelt werden. In diesem Buch werden die Symptome, die mit einem bestimmten Mittel einhergehen, eingehend beschrieben.

Potenzieren

Als Hahnemann seine ersten Arzneien prüfte – er erprobte sie zuerst an sich selbst – machte er die erstaunliche Entdeckung, dass deren Heilwirkung zunahm, wenn er die in dem Mittel vorhandene Menge der Arzneisubstanz verringerte. Aufgrund dieser Entdeckung werden seitdem die Arzneien in Dosen unterschiedlicher Verdünnung zubereitet – ein Vorgang, den man als Potenzieren bezeichnet. Das Potenzieren lässt sich beinahe unbegrenzt fortsetzen, und je höher eine Potenz ist, um so weniger enthält sie von der ursprünglichen Arzneisubstanz. Die Homöopathen verwenden Potenzen, in denen sich nur noch winzigste Spuren der ursprünglichen Substanz finden. Die wirksamsten Verdünnungen enthalten überhaupt keine Moleküle der Arzneisubstanz mehr, doch wird ihre Energie von den Hilfsmitteln wie Milchpulver oder Weingeist, die zur Zubereitung des Mittels verwendet werden, aufgenommen und verstärkt. Auf diese Weise sind auch toxische (giftige) Wirkungen ausgeschlossen, was sehr wichtig ist, denn viele der Mittel sind tatsächlich giftig, wenn sie in großen Dosen eingenommen werden. Da aber keine toxischen Stoffe vorhanden sind, treten auch keine schädlichen Nebenwirkungen auf. Deshalb kann die Homöopathie – ob sie wirksam ist oder nicht – als eine ungefährliche Heilmethode betrachtet werden.

Schulmediziner bestreiten allerdings, dass so winzige Dosen eines Mittels Wirkung auf die Gesundheit haben oder schwere Krankheiten heilen können. Für den Homöopathen gibt es noch eine Reihe anderer Regeln. Sehr wichtig ist die Vorstellung, dass chronische Krankheiten infolge einer Unterdrückung von akuten Erkrankungen entstehen können. Hahnemann wies beispielsweise daraufhin, dass die Unterdrückung eines Hautleidens später zu einer inneren Erkrankung führen kann. Es wurde von Homöopathen auch die Vermutung geäußert, die Einnahme von kortisonhaltigen Präparaten zur Behandlung von Ekzemen könne unter Umständen die Verschlimmerung einer Asthmaerkrankung zur Folge haben.

Hat der Homöopath bei einer chronischen Krankheit die richtige Arznei gefunden, so heilen die Symptome in einem bestimmten Richtungsverlauf, und zwar von innen nach außen, von oben nach unten, von wichtigeren zu weniger wichtigeren Organen und in der umgekehrten Reihenfolge ihres Auftretens (Hering‘ sches Richtungsgesetz). Wenn beispielsweise ein Kind an Asthma und einem Ekzem leidet, behandelt der Arzt zunächst das Asthma, weil von ihm ein inneres Organ (die Bronchien) betroffen ist. Während sich das Asthma bessert, bleibt das Ekzem (außen) vorübergehend bestehen, bevor es schließlich abklingt.

Homöopathische Mittel

Die meisten homöopathischen Mittel basieren auf Salzen und mineralischen oder pflanzlichen Extrakten. Einige Arzneien, die sogenannten Nosoden (nosodes: krankhaft, schädlich), werden aus Produkten erkrankter Organe (z.B. Eiter kranker Mandeln) oder aus Darmbakterien gewonnen. Heilmittel können in Form von Tinkturen, Granulat (Körnchen) oder Pulver hergestellt werden. Ein Apotheker gewinnt bei der Zubereitung einer homöopathischen Arznei zunächst die Grundsubstanz in möglichst reiner Form. Ist die Substanz löslich, bereitet er daraus eine Tinktur, indem er die Substanz im Verhältnis 1:10 mit Alkohol vermengt. Dieser zehnte Teil der Lösung wird mit zehn Teilen 40%igem Alkohol verdünnt. Auf diese Weise fährt der Apotheker so lange fort, bis er die gewünschte Potenz erhält. Die Potenz D 6 beispielsweise ist sechsmal 1: 10 vermischt. Oft werden auch Mischungen im Verhältnis 1:100 vorgenommen, die man als C-Potenzen bezeichnet.

Schwerlösliche Substanzen werden mit reinem Milchzucker vermengt, wobei man beide Pulver mit jeder weiteren Potenz in einem Mörser verreibt. Ist die gewünschte Potenz erreicht, werden aus dem Pulver Tabletten oder Kügelchen hergestellt. Es gibt Krankheiten, bei denen man mit der Homöopathie mehr erreichen kann als mit Medikamenten der Schulmedizin. Wenn beispielsweise Virusinfektionen wie Grippe rechtzeitig behandelt werden, können die Symptome rascher abklingen. Auch chronische Leiden wie Arthritis (Gelenkentzündung) und Hauterkrankungen scheinen auf homöopathische Mittel gut anzusprechen, ebenso körperliche Beschwerden, bei denen psychische Ursachen eine vorrangige Rolle spielen, wie Migräne oder nervöse Verdauungsbeschwerden.