Herzleiden

Wie jede Maschine, die ohne Unterbrechung und Wartung arbeiten muss, wird auch das Herz mit den Jahren störanfällig; am anfälligsten sind die Herzkranzgefäße. Das Herz funktioniert nur richtig, wenn die vier ventilartigen Herzklappen gewährleisten, dass das Blut immer in die richtige Richtung fließt.

Erkrankungen der Herzklappen waren früher sehr verbreitet, oft als Folge eines rheumatischen Fiebers in der Kindheit. Heute sind sie dank besserer Vorbeugung und Behandlung wesentlich seltener. Die meisten Störungen der Herzklappenfunktion beruhen auf einer angeborenen Missbildung, einem Klappenfehler. Das Einlass- und Auslassventil (Mitralund Aortenklappe) der größeren linken Herzkammer, die das Blut in den Körperkreislauf pumpt, weisen am häufigsten Klappenfehler auf.

Zweierlei Störungen sind bei einer Herzklappe möglich. Sie kann blockiert werden und das Vorwärtsströmen des Blutes behindern – man spricht in diesem Fall von Stenose -, oder sie schließt nicht richtig und lässt Blut zurückströmen; ein Zustand, den man als Insuffizienz bezeichnet. Stenose und Insuffizienz treten oft gemeinsam auf. Dies geschieht, wenn sich Krankheitserreger auf den Klappen ansiedeln und dort vermehren. Da die Herzklappen aus Fasergewebe bestehen und keine eigene Blutversorgung haben, können sich die Mikroorganismen leicht auf ihnen festsetzen: Wegen der fehlenden Durchblutung findet keine Infektionsabwehr durch weiße Blutkörperchen statt.

Angeborene Herzleiden

In den ersten Wochen der Schwangerschaft entwickelt sich im Embryo aus einer einzigen geraden Röhre eine Pumpe mit vier Kammern und zwei getrennten Kreislaufsystemen. Dies ist ein komplexer Prozess, bei dem leicht eine Fehlentwicklung auftreten kann. Gelegentlich kommt ein Baby zur Welt, bei dem die Trennwände zwischen den beiden Vorhöfen oder den beiden Herzkammern Löcher aufweisen. Man spricht in solchen Fällen von einem Vorhof- beziehungsweise einem Ventrikelseptumdefekt.

Wenn der Blutstrom zu den Lungen unzureichend ist, wird das Blut nicht richtig mit Sauerstoff angereichert, und es kommt zu einer Zyanose, auch als Blausucht bezeichnet. Die Herzchirurgie hat in den letzten Jahren so große Fortschritte gemacht, dass es heute bereits Routine ist, solche Babys schon in den ersten Lebenstagen zu operieren.

Unzureichende Pumpleistung

Manchmal kommt es zu Problemen, wenn die Pumpleistung des Herzens nicht ausreicht, weil der Muskel geschwächt ist. Diesen Befund bezeichnet man als Herzinsuffizienz. Wenn die linke Herzhälfte nicht richtig arbeitet, spricht man von „Linksherzinsuffizienz“. Der Patient fühlt sich schwach, ist kurzatmig und hat auch bei leichtester körperlicher Anstrengung Probleme. Aufgrund des Rückstaudruckes sammelt sich Flüssigkeit aus Blut und Gewebe in der Lunge an. Husten mit weißem, schaumigem Auswurf ist die Folge. Manchmal verschlimmert sich der Zustand bei Nacht, vor allem wenn der Patient flach im Bett liegt. Er wacht dann möglicherweise auf und ringt um Atem, doch bessert sich sein Zustand oft, sobald er sich aufsetzt.

Wenn zusätzlich zur linken auch die rechte Herzhälfte betroffen ist, spricht man von Globalinsuffizienz. Im ganzen Körper kommt es in den Venen zu Rückstaudruck, und in den unteren Körperteilen sammelt sich Flüssigkeit an (Odeme), oft an den Knöcheln und Schienbeinen, bei bettlägerigen Patienten aber im Rückenbereich. Früher hat man dies als „Wassersucht“ bezeichnet.

Herzinsuffizienz ist zwar eine der häufigsten Ursachen von Ödemen, aber angeschwollene Knöchel kommen auch bei Nierenerkrankungen oder Rheuma vor. Eine häufige Ursache von Herzinsuffizienz ist eine Erkrankung der Herzkranzgefäße (Koronararterien). Geschädigte Koronararterien versorgen in der Regel den Herzmuskel nur noch ungenügend mit Sauerstoff, so dass er nicht mehr zufriedenstellend arbeiten kann. Manchmal liegt die Ursache von Herzinsuffizienz in geschädigten Herzklappen, die den normalen Blutstrom durch das Herz behindern. Auch Krankheiten, die die Funktion des Herzmuskels beeinträchtigen, können Herzinsuffizienz auslösen.

Kardiomyopathie

Die primäre Kardiomyopathie führt dazu, dass der Herzmuskel erschlafft und nicht mehr richtig pumpen kann. Aufgrund des gestauten Blutes dehnt sich die muskulöse Wand des Herzens aus, und es wird größer. Die Ursache lässt sich in den meistens Fällen nicht ermitteln. Gelegentlich verdickt sich der Muskel und behindert den Blutstrom aus der linken Herzkammer in den Körperkreislauf. Dieser Befund wird als hypertrophische Kardiomyopathie bezeichnet und ist eine der wenigen Herzkrankheiten, die erblich bedingt sein können.

Myokarditis

Unter Myokarditis versteht man eine durch unterschiedliche Erreger verursachte Entzündung des Herzmuskelgewebes. Der Patient kann dann Brustschmerzen bekommen, die den Symptomen einer Angina pectoris ähneln, und unter Umständen kommt es sogar zu einer Herzinsuffizienz. Eine solche Herzmuskelentzündung kann bei Menschen jeden Alters auftreten. Im allgemeinen erholen sich die Patienten nach einigen Wochen vollständig und ohne bleibende Schäden für das Herz.

Rheumatisches Fieber

Diese Krankheit ist heute in den meisten Industriestaaten selten, kommt aber immer noch in unterentwickelten Ländern vor, wo rheumatisches Fieber nach wie vor eine beunruhigend häufige Todesursache bei jungen Menschen ist. Im allgemeinen sind Kinder und Jugendliche betroffen, aber auch junge Erwachsene bleiben nicht verschont. Der Patient hat jeweils einige Wochen vor Ausbruch der Krankheit eine Infektion durch Streptokokken (kugelförmige Bakterien) durchgemacht. Bei dieser Infektion kann es sich um eine Mandelentzündung, Scharlach oder eine Hautentzündung handeln. Etwa zwei oder drei Wochen nach der Infektion verschlechtert sich der Zustand des Patienten wieder, er hat Schmerzen, geschwollene Gelenke, und das Herzgewebe ist entzündet. Die Ursache dieser Erkrankung ist eine ungewöhnlich heftige Art allergischer Reaktionen des Körpers auf die Streptokokken-Infektion. Der Patient kann schwer krank sein. Aufgrund der durch die entzündeten Herzklappen veränderten Blutströmung nimmt der Arzt beim Abhören des Herzens mit einem Stethoskop für diese Erkrankung typische Geräusche wahr.

Auch Herzinsuffizienz kann eintreten. Weitere mögliche Symptome sind Ausschlag und Knötchen an den Gelenken. Manchmal bekommen die Patienten auch Chorea, eine Krankheit, die durch unablässige ungewollte Bewegungen der Gliedmaßen gekennzeichnet ist. Rheumatisches Fieber hat in manchen Fällen bleibende Schädigungen der Herzklappen zur Folge. Das verursacht oft zuerst keine Beschwerden, aber im Laufe der Jahre kann sich der Schaden an den Herzklappen verschlimmern. Dann wird unter Umständen eine Operation erforderlich, wobei die geschädigten Herzklappen durch künstliche Klappen aus Kunststoff oder Kunststoff und Metall ersetzt werden.