Eine wichtige Voraussetzung für unsere Gesundheit ist ein funktionierender Flüssigkeitshaushalt. Ist die normale Flüssigkeitsausscheidung aufgrund einer gesundheitlichen Störung behindert, können harntreibende Mittel helfen.
Harntreibende Mittel (Diuretika) sind Medikamente, die die Menge des ausgeschiedenen Urins erhöhen. Es gibt einige pflanzliche Diuretika, aber normalerweise werden zu große Flüssigkeitsansammlungen im Körper mit synthetischen, stärker wirkenden Mitteln behandelt. Die mangelhafte Flüssigkeitsausscheidung ist eine recht häufige Störung; deshalb gehören harntreibende Mittel zu den meistverschriebenen Arzneien. Die Funktion der Nieren Körperflüssigkeit ist immer Wasser, in dem verschiedene Stoffe gelöst sind. Sie macht über die Hälfte unseres Körpergewichts aus und ist in praktisch allen Geweben in unterschiedlichen Mengen vorhanden.
Die Körperflüssigkeiten werden nach ihrer Funktion in verschiedene Kategorien eingeteilt. Die erste Kategorie bildet das Blut, von dem im Kreislauf etwa fünf Liter zirkulieren. Die zweite Kategorie besteht aus der Flüssigkeit, die in den Körperzellen vorhanden ist, der sogenannten Intrazellulärflüssigkeit (etwa 30 Liter). Und drittens gibt es Flüssigkeit zwischen den Zellen, die interstitielle Körperflüssigkeit (etwa 15 Liter). In der Flüssigkeit gelöst sind Salze, Sauerstoff, Kohlendioxid und andere Stoffe, deren Konzentration in verschiedenen Körperteilen unterschiedlich ist.
Körperwasser tritt ständig von einem Teil des Körpers in einen anderen über, ebenso wie viele der darin gelösten Salze und sonstigen Stoffe. Diese Prozesse werden im Körper durch eine Vielzahl von Systemen, die die Konzentration der verschiedenen Flüssigkeiten überwachen, präzise gesteuert. Hormone der Nebenniere, der Hirnanhangdrüse und der Niere sind an diesem Prozess beteiligt. Das wichtigste Organ für die Regulation des Flüssigkeitshaushalts ist die Niere. Jede Niere besitzt etwa eine Million mikroskopisch kleine Filter, die Nephronen. Jeder dieser Filter besteht aus einem Kapillarknäuel, dem Glomerulus, und einem Harnkanälchen, dem Tubulus. Die Kapillarknäuel entziehen dem Blut den größten Teil des Wassers und der übrigen Flüssigkeitsbestandteile. Dieses Filtrat gelangt dann aus den Kapillarknäueln in die winzigen Harnkanälchen. Durch einen komplizierten Filtrationsprozess werden die Salze und die Flüssigkeit dem Blutkreislauf wieder zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise werden täglich 180 Liter filtriert; die Filtration dient der Ausscheidung von Stoffwechselschlacken.
Die zurückbleibende Flüssigkeit (Endharn) gelangt als Urin in die Blase. Die Menge des Wassers, das von der Niere als Urin ausgeschieden wird, ist von der ausgeschiedenen Salzmenge abhängig. Wenn weniger Salz von den Kanälchen aufgenommen wird, gelangen mehr Salz und Wasser in den Urin.
Wirkungsweise
Die Wirkung harntreibender Mittel beruht darauf, dass sie die Funktion der Harnkanälchen beeinflussen. Die meisten synthetischen Diuretika – sogenannte Thiazide – wirken dadurch, dass sie den erneuten Übergang von Salz ins Blut verhindern. Die Folge ist, dass mehr Salz und Wasser von der Niere ausgeschieden werden. Die Wirkung solcher Diuretika ist jedoch auch bei hoher Dosierung begrenzt.
Ein anderer Typ harntreibender Mittel sind die Schleifendiuretika. Sie werden so genannt, weil sie auf einen bestimmten Teil des Harnkanälchens wirken, die Henlesche Schleife, die der Urinkonzentrierung dient. Diese Diuretika haben die stärkste Wirkung: Sie verringern die Fähigkeit der Niere, den Urin zu konzentrieren; die Folge ist, dass große Mengen verdünnten Urins gebildet werden. Diese Mittel sind nicht nur besonders stark, sondern wirken auch sehr rasch. Die meisten Thiazide und Schleifendiuretika führen auch zu einem zu starken Verlust an Kochsalz (Natriumchlorid) und einigen anderen Salzen. Zu diesen gehören Kalium und, bei manchen Diuretika, auch Kalzium und Magnesium. Da Kalium ein für die Funktion des Körpers äußerst wichtiger chemischer Stoff ist, kann zu starker Kaliumverlust Symptome wie Müdigkeit, Muskelschwäche und, in schweren Fällen, sogar Herzfunktionsstörungen auslösen. Durch Einnahme von Kaliumpräparaten kann der entstehende Kaliummangel gedeckt werden; vielfach reicht jedoch eine Ernährung mit kaliumreichem Obst (z. B. getrockneten Pfirsichen) als Gegenmaßnahme aus.
Oft wird jedoch zusammen mit einem Thiazid ein spezielles Diuretikum, ein sogenanntes kaliumsparendes Diuretikum verwendet. Diese Diuretika erhöhen ebenfalls die Urinmenge, steigern jedoch nicht den Kaliumverlust. Eine Kombination dieser beiden Präparate hat also eine neutrale Wirkung auf den Kaliumhaushalt des Körpers.
Einsatz von Diuretika
Am häufigsten werden harntreibende Mittel bei übermäßigen Flüssigkeitsansammlungen im Körper verschrieben, die sich im allgemeinen in Form von Ödemen, früher Wassersucht genannt, äußern. Flüssigkeitsansammlungen können verschiedene Ursachen haben, von denen sich viele durch harntreibende Mittel günstig beeinflussen lassen.
Herzschwäche
Wenn das Herz nicht richtig arbeitet, etwa wegen eines noch nicht lange zurückliegenden Herzanfalls, einer Erkrankung der Herzkranzgefäße oder eines Herzklappenfehlers; baut sich in den Venen des ganzen Körpers ein überhöhter hydrostatischer Druck auf, der zu starken Flüssigkeitsansammlungen in den Geweben führt, vor allem in den Beinen und in der Lunge, wodurch Kurzatmigkeit hervorgerufen werden kann. Diuretika verringern die Flüssigkeitsansammlungen, und es verschwinden dann die Ödeme und die Kurzatmigkeit.
Leber- und Nierenerkrankungen
Schwere Lebererkrankungen, so die Leberzirrhose, können durch Einengung der Lebergefäße in diesen zu einem erhöhten Druck führen. Dadurch kommt es zum Flüssigkeitsaustritt in den Bauchraum (Bauchwassersucht oder Aszites). Die Anwendung von bestimmten Diuretika führt zu Entlastung. Bei schweren Nierenerkrankungen – so dem akuten Nierenversagen – muss unter allen Umständen versucht werden, die Nierenfunktion in Gang zu halten. Hohe Gaben von starken Diuretika werden dann verabreicht. Auch bei anderen Nierenerkrankungen, die zur Anhäufung von giftigen Substanzen im Blut führen und mit Ödembildung einhergehen, werden Diuretika eingesetzt.
Bluthochdruck
Diuretika werden auch zur Behandlung von Patienten eingesetzt, die an Bluthochdruck (Hypertonie) leiden. Die harntreibenden Mittel – insbesondere Thiazide – werden verschrieben, auch wenn keine Ödeme vorliegen, und zeigen bei vielen Patienten mit leichtem und mittlerem Hochdruck gute Ergebnisse. Der Bluthochdruck sinkt, weil die Menge des Körperwassers verringert wird. Außerdem wird vermutet, dass Diuretika auf die kleinen Blutgefäße wirken. Man nimmt an, dass die Spannung der Gefäßmuskeln abnimmt, wodurch der Widerstand der Gefäße gegen den Blutfluss verringert wird.
Nebenwirkungen von Diuretika
Abgesehen von der Auswirkung auf den Kaliumspiegel im Blut, treten bei der Verwendung harntreibender Mittel nur selten gravierende Nebenwirkungen auf. Gelegentlich kann ein Patient, der eine angeborene Veranlagung zum Diabetes hat, diese Krankheit bei Diuretikagabe bekommen. Ebenso können bei dazu veranlagten Personen Gichtanfälle durch Diuretika ausgelöst werden.