Gaumenspalte

Spalten im Gaumenbereich sind angeborene Missbildungen, die heutzutage kein schwerwiegendes Problem mehr darstellen. Durch frühzeitige Operationen werden das Erscheinungsbild korrigiert und Sprachfehler verhindert.

Immer wieder werden Kinder mit einer Hasenscharte geboren, bei der es sich um eine mehr oder minder ausgedehnte Spaltung der Oberlippe handelt. Die Spalte kann sich auch noch weiter in die Tiefe der Mundhöhle erstrecken und sowohl den Oberkiefer als auch den Gaumen mit einbeziehen.

Diese große Gaumenspalte, im Volksmund auch häufig Wolfsrachen genannt, bezeichnet man medizinisch korrekt als Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Die Spaltung kann auch nur einzelne Teile des Gaumenbereichs umfassen. Je nachdem, ob Oberlippe, Oberkiefer, Gaumenplatte oder Zäpfchen betroffen sind, spricht man von Lippen-, Kiefer-, Gaumen- oder Zäpfchenspalte. Alle werden unter dem Oberbegriff Gesichtsspalten zusammengefasst und beruhen auf einer Fehlentwicklung im frühen Wachstumsstadium des Gaumens.

Entwicklung des Gaumens

In der fünften Woche der Schwangerschaft beginnt die Bildung des Gaumens beim Embryo aus drei Gewebswülsten. Diese wachsen aufeinander zu und sind bei einer normalen Entwicklung in der zehnten Schwangerschaftswoche lückenlos miteinander verschmolzen, so dass sie Mund- und Nasenhöhle voneinander trennen. Verbinden sich die beiden seitlichen Gewebswülste in der Mitte der Mundhöhle nicht lückenlos, bleibt eine Gaumenspalte, die unterschiedlich groß sein kann. Meistens sind dann Mund und Nasenhöhle nicht getrennt. Ist die Vereinigung mit der dritten, vorn zwischen den Augen nach unten gewachsenen Gewebsplatte unvollständig, kann die Spalte im seitlichen Bereich der Schneidezähne liegen und heißt dann Kieferspalte. Da der vordere Gewebswulst außerdem an der Bildung der Oberlippe beteiligt ist, ist möglicherweise auch eine Lippenspalte die Folge.

Ursachen

Warum das Gaumenwachstum gestört sein kann, ist noch nicht vollkommen geklärt. Einige Mediziner vermuten, dass die Fehlentwicklung teilweise auf einer ungenügenden Durchblutung des Gesichts in der entsprechenden Wachstumsphase beruht. Eine wesentliche Rolle spielt darüber hinaus nachgewiesenermaßen das Erbgut. In einigen Familien treten Gesichtsspalten gehäuft auf, und oft handelt es sich dann um den selben Typ – wenngleich Lippenspalten bei Jungen häufiger vorkommen und Gaumenspalten bei Mädchen

All diese Spalten sind bei der Geburt deutlich sichtbar. Es kommt allerdings auch vor, dass sich zwar die Schleimhaut über dem Gaumen verbunden hat, nicht aber die Muskeln oder die Knochen der bei den Gaumenhälften. Es besteht dann keine abnorme Verbindung von Mund und Nasenhöhle. Trotzdem können Sprachstörungen die Folge sein, sofern sich der weiche Gaumen nicht normal bewegt und bei bestimmten Lauten den Nasenweg nicht verschließen kann.

Sprachstörungen

Am stärksten wird durch Gesichtsspalten die Sprache beeinträchtigt. Wenn ein Säugling mit einem normalen Gaumen die üblichen Plapperlaute erzeugt, atmet er dazu die Luft entweder durch die Nase oder den Mund aus. Kinder mit Gaumenspalten können das nicht gezielt bewerkstelligen, da die Luft gleichzeitig aus Nase und Mund entweicht.

Normalerweise bewegt sich der weiche Gaumen für die nasalen Laute n, m und ng sehr rasch nach unten und für alle anderen nach oben. Je nachdem, ob er sich unten oder oben befindet, entweicht die Luft durch die Nase beziehungsweise den Mund. Bei einer Gaumenspalte strömt die Luft jedoch unkontrolliert aus.

Die äußere Erscheinung

Gesichtsspalten wirken meist entstellend. Bei einer einseitigen Kiefer-Lippenspalte etwa können die Gesichtsknochen deformiert oder nicht voll ausgebildet sein. Bei Lippenspalten kann auch die Mundmuskulatur nicht richtig entwickelt sein und das Gesicht sich dann beim Sprechen stark verziehen. In sehr schweren Fällen sind die beschriebenen Fehlbildungen mit Defekten der Schädelbasis oder des Gehirns verbunden. In der Folge ist dann meist auch die geistige Entwicklung des Kindes behindert.

Zu Taubheit kommt es ebenfalls relativ häufig. Das liegt daran, dass Atemluft und Speisen nicht immer den richtigen Weg gehen und mit ihnen Krankheitserreger leicht in das Mittelohr vordringen können, das bei Gaumenspalten eine Verbindung zum Rachen hat. Das Kind zieht sich daher sehr leicht Ohrinfektionen zu, die zu Taubheit führen können. Insgesamt ist der Gesundheitszustand der betroffenen Kinder oft schlecht, da die Anfälligkeit für Infektionen im Nasen-Rachenraum erhöht ist.

Behandlung

Lippenspalten werden durch eine Operation korrigiert, daher die beiden Lippenteile durch eine Naht verbunden. Falls erforderlich, werden zur Schließung der Spalte auch Hautlappen aus anderen Bereichen des Mundes verwendet.

Ist der Gaumen gespalten, so wird eine große Öffnung mit Knochen- und Hauttransplantaten geschlossen. Gaumen- und Lippenspalten werden möglichst früh korrigiert, meist im Alter von vier bis acht Monaten. Es gilt, Sprachstörungen so schnell wie möglich entgegenzuwirken. Bei einer Spaltbildung im harten Gaumen wird es gelegentlich als sinnvoll erachtet, die Operation erst nach dem Zahnwechsel durchzuführen. Bis dahin kann der Arzt dem Kind eine künstliche Gaumenplatte, einen Obturator, einsetzen. Der hilft sowohl beim Sprechen als auch beim Essen.

Oft kann die erste Operation im Säuglingsalter den Defekt nicht völlig korrigieren, und es sind weitere Eingriffe erforderlich. Lernt ein betroffenes Kind dann spätestens mit drei oder vier Jahren nicht normal sprechen, sollte es eine Sprachtherapie besuchen. Eine Sprachtherapie sollte einsetzen, wenn das Kind etwa vier Jahre alt ist. Lernt ein Kind nach einer Operation normal sprechen, beruht die Arbeit des Sprachtherapeuten oft einfach in der Beobachtung, nicht in der Behandlung.

Darüber hinaus kann eine kieferorthopädische Behandlung notwendig werden, um Wachstum und Entwicklung der Gaumenknochen und der Zähne zu fordern und das äußere Erscheinungsbild zu korrigieren.

Prognose

Da fast alle Gesichtsspalten bereits in der frühen Kindheit weitgehend korrigiert werden, kommt es heutzutage nur selten vor, dass ein Erwachsener unter einer offensichtlichen Missbildung oder Sprachstörung leidet. Nach chirurgischen und kieferorthopädischen Eingriffen entwickelt sich die Sprache gewöhnlich normal.

In besonders schwierigen Fällen kann eine Therapie erforderlich werden. Im allgemeinen aber sprechen Kinder, die mit einer Lippen- oder Gaumenspalte geboren wurden, mit Beginn des Schul alters sehr gut.