Blinddarmentzündung

Blinddarmentzündung ist die sachlich falsche, jedoch übliche Bezeichnung für eine Entzündung des Blinddarm-Wurmfortsatzes (Appendizitis). Die operative Entfernung dieses Organs ist heutzutage kaum problematisch und dauert weniger als eine Stunde.

Der Wurmfortsatz (Appendix, übersetzt: Anhang, Zugabe) ist ein röhrenförmiges Stückchen Darm am Blinddarm, nahe der Einmündung des Dünndarms in den Dickdarm. Die Spitze des Wurmfortsatzes ist geschlossen. Er kann bis zu 10 cm lang sein und hat einen Durchmesser von etwa 1 cm. Wie die Gaumen- und Rachenmandeln enthält der Wurmfortsatz lymphatisches Gewebe zur Gegenabwehr von Erregern.

Im übrigen hat der Appendix offenbar keine große Bedeutung für unsere Gesundheit. Wenn der Blinddarm entzündet ist, muss er möglicherweise operativ entfernt werden; es schadet nichts, wenn das schon in jungen Jahren passiert. Bis zum 40. Lebensjahr ist er fast vollständig geschrumpft.

Appendizitis

Eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) ist im Alter unter zwei Jahren selten, bei Teenagern häufiger und tritt dann vom 30. Lebensjahr an immer seltener auf. Warum die Blinddarmentzündung gerade im jugendlichen Alter ihren Höhepunkt erreicht, ist ungeklärt.

Geschichte und Vorkommen dieser Erkrankung sind äußerst rätselhaft. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war sie mehr oder minder unbekannt. Dies gilt auch heutzutage noch für Asien, Afrika und Polynesien. In Europa, Nordamerika und Australien ist die Appendizitis eine recht verbreitete Krankheit.

Ursachen

Die meisten Nahrungsmittel in den Ländern der westlichen Welt sind so verfeinert, dass sie meist nicht mehr genug Ballaststoffe enthalten. Bei der Verdauung bewegt sich der Nahrungsbrei nur langsam durch die Därme. Diese Trägheit kann zu Verstopfungen durch verhärtete Kotreste führen, die wiederum eine Blinddarmentzündung auslösen können.

Gelegentlich lösen auch Nahrungsreste, die sich im Wurmfortsatz angesammelt haben, eine Appendizitis aus. Würmer, die mit verdorbener Nahrung in den Körper gelangen, stellen ebenfalls eine Gefahr für den Wurmfortsatz dar; diese Darmparasiten können sich dort festsetzen. Manchmal treten wiederholt Anfälle von Blinddarmreizung auf, die jeweils ein bis zwei Tage andauern.

Ist der Wurmfortsatz entzündet, schließen sich die benachbarten Gewebeteile um ihn, um die Infektion abzukapseln. Diese Verklebungen bleiben, wenn die Entzündung nachgelassen hat. Sie können den Transport der Nahrung durch den Darm behindern. Das führt zu Schmerzen, die dann bei der normalen Verdauung in der Blinddarmgegend auftauchen. Diese Symptome verschwinden jedoch, wenn der Appendix sich nicht aufs neue entzündet.

Aus verschiedenen Gründen kommt es vor, dass eine Entzündung des Wurmfortsatzes nicht von alleine abklingt: Der Appendix ist dann ständig blockiert, und es werden weitere Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Die Frühsymptome einer Appendizitis sind nicht ohne weiteres von Bauchschmerzen anderer Art zu unterscheiden. Der Schmerz ist kolikartig, tritt in Wellen auf und ist auf den Bereich um den Nabel konzentriert. Nach sechs bis zwölf Stunden verändern sich die Symptome, während sich die Entzündung um den Wurmfortsatz ausbreitet. Es kommt zu einer Reizung des Bauchfells, mit dem die Bauchhöhle ausgekleidet ist. Da dieses gut mit Nerven versorgt ist, treten noch stärkere Schmerzen in der Blinddarmgegend auf. Das ist in der Regel der rechte Unterbauch. Das Schmerzzentrum ist jedoch variabel. Der Patient fühlt sich immer schlechter und muss sich manchmal erbrechen.

Diagnose

Der Betroffene kann selbst den Bauch abtasten, um festzustellen, wo es am meisten weh tut. Am häufigsten ist dies eine Stelle am Beginn des letzten Drittels einer gedachten Verbindungslinie zwischen dem Nabel und dem oberen Rand des Beckenknochens. Dieser Bereich wird nach dem amerikanischen Arzt, der sie als erster beschrieb, McBurneyscher Punkt genannt. Der Schmerz kann jedoch auch in den Oberbauch oder abwärts ins Becken ziehen.

In 50 Prozent der Fälle liegt der Appendix nicht unterhalb, sondern hinter dem Dickdarm; in diesem Fall gestaltet sich die Diagnose oftmals schwierig. Der Schmerz kann dann näher am Rücken als an der Bauchvorderseite und weiter nach oben, taillenwärts ausgerichtet sein.

Der Arzt wird einem Patienten, der vielleicht eine Blinddarmentzündung hat, als erstes nach den Symptomen fragen. Er muss feststellen, ob die Schmerzen möglicherweise auf anderen Störungen beruhen. Eine Magen- und Darmentzündung kann ähnliche Beschwerden hervorrufen wie eine Blinddarmentzündung im Anfangsstadium. In diesem Fall liegen oftmals auch noch Symptome vor, die auf eine Verdauungsstörung hinweisen, wie etwa Durchfall.

Der Arzt wird des weiteren nach urologischen Symptomen fragen, wie zum Beispiel Schmerzen beim Wasserlassen, um eine Niereninfektion auszuschließen.

Ärztliche Untersuchung

Hat sich ein klares Bild von den Symptomen ergehen, wird der Arzt als nächstes den Puls seines Patienten fühlen. Im Anfangsstadium einer Infektion steigt die Pulsfrequenz, und der Patient kann auch leichtes Fieber haben. Die Temperatur ist rektal (im After) deutlich höher als unter dem Arm gemessen.

Als nächstes wird der Arzt den Bauch des Patienten behutsam untersuchen. Er wird darauf achten, wie stark sich die Bauchmuskeln beim Atmen bewegen. Ist die Blinddarmgegend bereits entzündet, werden die Bauchmuskeln verkrampft sein. Der Arzt wird nach empfindlichen Stellen im unteren Bauchbereich suchen, die meistens in der Gegend des entzündeten Wurmfortsatzes liegen.

Es kann auch sein, dass er seine Hand auf diesen Bereich legt und sie dann ruckartig hochzieht. Ist der Wurmfortsatz entzündet, wird der Patient einen „Loslassschmerz“ verspüren, der stichartig ist und auftritt, wenn der Druck plötzlich nachlässt. Schließlich wird der Arzt möglicherweise eine rektale Untersuchung vornehmen.

Appendizitis bei Kindern

Bei Kindern ist die Diagnose einer Blinddarmentzündung noch schwieriger als bei Erwachsenen, und es kann schneller zu Komplikationen kommen. Kinder zeigen manchmal die typischen Anzeichen einer Appendizitis – Fieber, Erbrechen, Leib- schmerzen -, obwohl der Wurmfortsatz nicht entzündet ist. Es könnten Symptome einer Erkrankung der Luftwege sein, die verschwinden, sobald die Infektion abklingt. Unter diesen Umständen wird das Kind auch zusätzliche Symptome wie Halsschmerzen oder Husten haben.

Die Möglichkeit einer Blinddarmentzündung sollte aber in jedem Fall erwogen werden. Auch wenn bei einem Kind offensichtliche Symptome einer Erkrankung der Atemwege vorliegen, sollte man dem Arzt sagen, dass es außerdem Bauchschmerzen hat. Deuten die Symptome auf eine Blinddarmentzündung hin, wird der Arzt meist eine Operation vornehmen, weil immer die Gefahr von Komplikationen besteht. Genaues weiß der Behandelnde aber erst im Anschluss an den Eingriff. Schmerzen, die einen ganzen Tag oder eine ganze Nacht lang anhalten und womöglich immer stärker werden, Erbrechen und Schwierigkeiten aufzustehen, sind Alarmsignale, einen Arzt zu rufen. Manchmal empfiehlt es sich sogar, den Patienten sofort zum Arzt zu bringen.

Eine Eigenbehandlung mit Hausmitteln wie Schmerztabletten oder beruhigenden Getränken sollte in diesem Fall nicht versucht werden. Es könnte sein, dass eine Operation dringend erforderlich ist und der Magen muss leer sein, bevor eine Narkose verabreicht werden kann.

Wird keine frühzeitige Diagnose gestellt, so kann das für den Patienten gefährliche Folgen haben. Die Spitze des Wurmfortsatzes wird in einem solchen Fall unter Umständen gangränös (geschwürartig), so dass der Wurmfortsatz durchbricht. Eiter kann die Wand des Appendix durchbrechen und in die Bauchhöhle eindringen. Dadurch kommt es zu einer Peritonitis (Bauchfellentzündung). Ein solcher Durchbruch ist innerhalb der ersten 24 bis 36 Stunden nach Einsetzten der Symptome unwahrscheinlich, doch bei längerem Abwarten erhöht sich das Risiko beträchtlich.