Bandscheibenvorfall

Ein Bandscheibenvorfall kann heftige Schmerzen verursachen und die Bewegungsfähigkeit gravierend einschränken. Die Gesundheit vieler Patienten wird wiederhergestellt, wenn sie strikte Bettruhe einhalten und den natürlichen Heilungsprozess abwarten.

Rückenleiden sind heutzutage weit verbreitet und meist mit recht unangenehmen, schmerzhaften Beschwerden verbunden. Eines der häufigsten ist der Bandscheibenvorfall.

Rückenleiden entstehen durch einseitige körperliche Belastungen am Arbeitsplatz (wie etwa „Zwangshaltungen“ beim Maschinenschreiben oder am Bildschirmarbeitsplatz) , durch Erkrankungen der Knie und Hüftgelenke, Längenunterschiede der Beine und durch Fehlhaltungen. Rückenbeschwerden vergehen oft von allein. Wenn sie jedoch länger anhalten oder besonders stark sind, solltest du unbedingt einen Arzt aufsuchen, da es sich um eine ernsthafte Erkrankung handeln könnte.

Die Bandscheiben sind knorpelige Gewebescheiben, die zwischen den Wirbeln des Rückgrats liegen und aus diesem Grunde auch als Zwischenwirbelscheiben bezeichnet werden. Jede Bandscheibe besteht wiederum aus dem äußeren Faserring (dem Bindegewebe) und dem inneren Gallertkern. Die Bandscheibe sorgt einerseits für eine feste Verbindung zwischen den Rückenwirbeln, also eine Stabilisierung der Wirbelsäule, und fängt andererseits als eine Art elastisches Polster Stöße auf das Rückgrat ab. Wenn der äußere Faserring infolge von Alterung und Schrumpfung reißt, kann der innere Gallertkern (Nucleus pulposus) in verschiedene Richtungen „vorfallen“.

Er dringt dann durch die Faserringrisse nach außen – wie Zahnpasta durch einen Riss in der Tube. Dem Bandscheibenvorfall liegt immer ein Bandscheibenschaden zugrunde. Der innere Kern der Bandscheibe ist in der Kindheit besonders weich und gallertartig. Im Laufe der Jahre trocknet diese Substanz, so dass sie in der Lebensmitte etwa die Konsistenz von Weichgummi hat.

Mit höherem Alter wird der innere Kern noch fester. Bei alten Menschen besteht er dann nur noch aus unelastischem Narbengewebe. Im höheren Alter kommt es daher nicht mehr so häufig zu einem Bandscheibenvorfall. Es handelt sich eher um eine Erkrankung von Erwachsenen in mittleren Jahren.

Der Bandscheibenvorfall tritt dort auf, wo der äußere Faserring der Bandscheibe am schwächsten ist, unmittelbar vor den Nervenwurzeln, die aus dem Rückenmark hervortreten. Hat jemand einen etwas zu engen Wirbelkanal, drückt das austretende Bandscheibengewebe in dieser Höhe auf die Nervenwurzel und ruft die charakteristischen Symptome hervor.

Am häufigsten kommen Bandscheibenvorfälle im Lendenbereich vor, da am unteren Ende der Wirbelsäule die Belastung am größten ist. Aber auch an anderen Stellen des Rückgrats kann ein Bandscheibenvorfall auftreten, so im oberen Rückenbereich oder im Nacken.

Ursachen und Symptome

Eine Bandscheibe beginnt vorzufallen, wenn der äußere Faserring reißt – was im allgemeinen auf natürliches Altern und Abnutzung zurückzuführen ist. Es genügt oft schon, sich ungeschickt zu bewegen, etwas Schweres zu heben oder plötzlich heftig zu niesen, um den weichen Kern einer Bandscheibe austreten zu lassen. Wenn eine hervorstehende Bandscheibe auf eine Nervenwurzel drückt, treten die damit verbundenen Symptome sowohl im Rücken als auch in dem Körperteil auf, den diese Nervenwurzel versorgt; meistens in den Beinen.

Zu den Symptomen im Rücken selbst gehören oft heftige Schmerzen, die der Patient nicht genau zu lokalisieren vermag. Außerdem können – vor allem im Frühstadium – schmerzhafte Krämpfe in den Muskeln auftreten, die längs des Rückgrats verlaufen. Der Patient hat Schmerzen, sobald er sich bewegt, und verspürt Linderung, sobald er sich flach hinlegt.

Husten oder Niesen kann dazu führen, dass das vortretende Bandscheibengewebe sich plötzlich noch stärker vorwölbt und heftige Schmerzen im Rücken oder in den Beinen hervorruft. Außerdem ist für viele der betroffenen Patienten eine gekrümmte „Schonhaltung“ typisch, die den Druck auf die betreffende Nervenwurzel verringern soll. Wenn der Druck auf die Nervenwurzel nicht zu stark ist, funktioniert der Nerv zwar normal, verursacht aber starke Schmerzen.

Das Gehirn vermag nicht festzustellen, dass der Schmerz aus dem Bereich der Bandscheibe kommt, sondern interpretiert die Information als Schmerz, der von den Nervenendigungen ausgeht. Bei einem Bandscheibenvorfall am unteren Ende der Wirbelsäule ist daher in vielen Fällen der Ischiasnerv gereizt, und der Patient empfindet Schmerz im Oberschenkel, in der Wade, am Knöchel oder im Fuß. Diese Symptome bezeichnet man als Ischialgie („Ischias“). Stärkerer Druck auf die Nervenwurzel kann dazu führen, dass der Nerv seine Funktion einstellt.

Partien, die dieser Nerv versorgt, werden taub. Der Patient spürt dann weder eine leichte Berührung noch einen Nadelstich. Muskeln, die dieser Nerv versorgt, werden teilweise oder vollständig gelähmt. Reflexe wie der Kniescheibenreflex können außer Kraft gesetzt sein. Wenn nur eine einzige Nervenwurzel betroffen ist, muss der Schaden nicht so ernst sein, weil jeder Nerv nur eine kleine Hautpartie oder eine begrenzte Anzahl von Muskeln versorgt. Sind jedoch Nerven betroffen, die zur Blase oder zu den Geschlechtsorganen führen, kann deren Funktion dauerhaft gestört bleiben. In diesen Fällen ist sofortige ärztliche Hilfe erforderlich, damit der Druck auf die Nerven beseitigt wird.

Eingeklemmte Teile des Rückenmarks und Nerven sind ein häufiger orthopädischer Notfall. Wenn es zu Sensibilitätsstörungen kommt, der Patient den großen Zeh nicht mehr bewegen kann oder eine Blasenschwäche auftritt, muss sofort operiert werden. Ansonsten besteht die Gefahr bleibender Schäden. Behandlung Bei über 90 Prozent der Personen mit akutem Bandscheibenvorfall tritt eine Besserung ein, wenn sie ruhig liegen und die natürliche Heilung abwarten. Der Gallertkern der betroffenen Bandscheibe weicht bei Entlastung wieder zurück, und der Druck auf die Nervenwurzel wird somit geringer. Wenn ein Arzt also feststellt, dass ein Bandscheibenvorfall vorliegt, wird er dem Patienten als „beste Medizin“ Bettruhe verordnen. Dabei soll der Betroffene so flach wie möglich liegen. In der Waagerechten ist der Druck auf die Bandscheiben, der den Gallertkern austreten lässt, sehr gering.

Im Stehen ist der Druck stärker, bei gebogener Wirbelsäule, beispielsweise im Sitzen oder beim Bücken, sogar um ein Vielfaches höher. Auch eine weiche Matratze bewirkt oft ein Durchbiegen der Wirbelsäule. Man schiebt deshalb am besten Bretter unter die Matratze oder legt sie direkt auf den Boden. Schmerzmittel können bei akutem Bandscheibenvorfall die Beschwerden zwar lindern, aber meist nicht ausschalten. Medikamente, die eine Entspannung der Muskeln bewirken, helfen gegen schmerzhafte Muskelkrämpfe. Die nötige Bettruhe kann einige Tage, aber auch bis zu drei Wochen dauern. In jedem Fall braucht man Geduld. Die natürlichen Heilungsprozesse lassen sich nicht beschleunigen. Wer zu früh wieder aufsteht, erleidet einen Rückfall.

Patienten, bei denen nach einer angemessenen Ruheperiode keine wesentliche Besserung eingetreten ist, brauchen eine weitergehende Behandlung – zum Beispiel eine Physiotherapie (spezielle Bäder, Krankengymnastik und Massagen) in einem Krankenhaus. Bringt sie keinen Erfolg, muss möglicherweise eine Spezial-Röntgenaufnahme gemacht werden. Übliche Röntgenbilder zeigen nur die Wirbelkörper des Rückgrats und nicht die Bandscheiben. Erst mit diesem besonderen Röntgenverfahren (Radikulographie oder Myelographie) und einem Kontrastmittel kann der Bandscheibenvorfall als solcher sichtbar gemacht werden.

Das Kontrastmittel wird unmittelbar zwischen den Wirbeln (Bandscheiben) in den Wirbelkanal injiziert; ist die Bandscheibe vorgefallen, bildet sie sich als Ausbuchtung der Kontrastmittelsäule ab. Eine Operation zur Entfernung des ausgetretenen Bandscheibengewebes kann erforderlich werden, wenn sich nach längerer Bettruhe oder Physiotherapie keine Besserung einstellt, Lähmungen in Armen oder Beinen auftreten oder die zur Blase oder den Geschlechtsorganen führenden Nerven betroffen sind.

Bei der Operation wird auf der Höhe der betroffenen Bandscheibe eine kleine Öffnung in dem das Rückenmark umgebenden Knochen angelegt. Dann wird das Rückenmark mit den Nervenwurzeln beiseite geschoben und das freigelegte Bandscheibengewebe entfernt. Die Patienten können im allgemeinen 14 Tage nach der Operation wieder aufstehen.