
Schadet das virtuelle Coming-out? Der Psychoanalytiker Udo Rauchfleisch ist skeptisch, ob das Internet tatsächlich die Selbstfindung unterstützt.
Vor dem Internetzeitalter war das Coming-out etwas anders. Wenn sich jemand Informationen beschaffen wollte, musste er hochnervös zur Kasse gehen und den schwulen Ratgeber bezahlen. Somit waren diese Damen die ersten, bei denen man sich outete.
Heute ist das ganz anders. Ein Klick in der Suchmaschine, schon bekommt man ein weites Angebot an Ergebnissen. Für homosexuelle Jugendliche ist es ein Leichtes, sich heute die Informationen zu beschaffen, die sie benötigen, um ihre sexuelle Identität zu klären. Deshalb ist das Coming-out für Jugendliche immer noch nicht einfach und problemlos.
Der Schweizer Psychotherapeut Udo Rauchfleisch ist skeptisch. In einem Interview mit dem Magazin „Beobachter“ weist er darauf hin, dass Schwule und Lesben im Schnitt zwei Jahre später als Heterosexuelle „reale“ sexuelle Beziehungen eingingen. Das Web sieht er eher als Hemmschuh, „weil die Jugendlichen zwar im Internet surfen, sich outen und online allerlei Kontakte zu Gleichgesinnten knüpfen können. Aber es scheint, als zögere dies ein Coming-out im realen Leben eher hinaus“, so seine These. Das „virtuelle“ Coming-out ist für ihn nachrangig: „Letztlich zählt eben immer noch die Anerkennung im Kreis der Familie, bei Freunden, am Arbeitsplatz.“
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