Staublunge

Chronische Staubinhalation kann eine Erkrankung des Lungengewebes verursachen, deren Symptome recht schnell oder auch erst nach Jahren auftreten. Durch Staubeinwirkung bedingte Lungenveränderungen werden von den Ärzten als Pneumokoniosen bezeichnet. Nach Art des Staubes und der Reaktion des Lungengewebes werden die Pneumokoniosen in unterschiedliche Gruppen eingeteilt.

Bei den inerten (nicht aktiven) Pneumokoniosen ist der Patient beschwerdefrei, aber es liegt ein röntgenologischer Befund vor, beispielsweise nach chronischer Inhalation von Eisen-, Aluminium- oder Tonerdestaub. Bei den aktiven Pneumokoniosen leidet der Patient unter Krankheits- und Funktionsbeschwerden der Lunge. Nicht selten ist der röntgenologische Befund stärker ausgeprägt, als das Krankheitsbild vermuten lässt.

Die Therapie der Staublunge beschränkt sich auf die Folgeerscheinungen, denn Heilung ist bei dieser Erkrankung nicht möglich. Aus diesem Grund ist entsprechende Vorbeugung außerordentlich wichtig. Die Steinstaublunge Von allen berufsbedingten, durch Staub verursachten Lungenkrankheiten ist die Steinstaublunge oder Silikose die folgenschwerste und am weitesten verbreitete. Eine Heilung gibt es nicht, und deshalb kommt es entscheidend auf die Vorbeugung an. Die Steinstaublunge wird durch eingeatmete Staubpartikel aus kristallinern Siliziumdioxyd verursacht. Silizium ist in verschiedenen Formen in Felsen und Sand zu finden, meistens in Verbindung mit Sauerstoff als Siliziumdioxyd.

Dieses kristalline Siliziumdioxyd kann in der Natur in dreierlei Form vorkommen – als Quarz, Cristobalit und Tridymit. Es findet sich besonders in Granit, Sandstein, Feuerstein, Schiefer und reinem Quarzsand. Als Staub können die kristallinen Formen des Siliziumdioxyds eine Silikose auslösen. In anderer Form ist Siliziumdioxyd für die Lunge nicht so gefährlich. Glas wird zum Beispiel aus einem Sand hergestellt, der Kristalle des Siliziumdioxyds enthält und weit harmloser ist als die kristalline Form in reinem Sand oder Quarz. Gefährdet ist jeder, der bei der Arbeit Sand- oder Quarzpartikeln ausgesetzt ist. Früher hatte man entsprechend der Vielfalt dieser Tätigkeiten viele Namen für die Silikose – Bezeichnungen wie Schleifertuberkulose, Steinmetzkrankheit, Bergmannslunge uns so weiter.

Die Gefährdung nimmt mit steigender Reinheit des Quarzstaubes zu. Wahrscheinlich genügt eine Quarzstaubmenge von einem Gramm, um eine Silikose auszulösen. Bei Sandstrahlbläsern kommen Silikosen manchmal schon nach sechs bis neun Monaten vor. Auf Grund sorgfältiger Kontrollen des Staubgehalts in der Luft ist die Silikose in den letzten Jahrzehnten zwar stark zurückgegangen, aber in bestimmten Industriezweigen kommt sie auch heute noch vor.

Für Töpfer besteht noch ein gewisses Risiko, da Töpfereien bei bestimmten Arbeitsgängen gemahlenen Feuerstein verwenden. Auch Arbeiter, die mit Granit und Schiefer hantieren, gehen ein Risiko ein, da Staub bei der Bearbeitung dieser Materialien so gut wie nicht zu vermeiden ist. Zu den Betrieben, in denen gelegentlich ein Fall von Silikose auftritt, gehören auch Eisengießereien. Gusseisen wird in Sandformen gegossen, und wenn sich das Eisen gesetzt hat, muss die Sandform entfernt werden. Das Gusseisen wird kugelgestrahlt und dann glattgefeilt. Beim Feilen wird sehr feiner Staub freigesetzt. Viele Gießereien haben den Quarzsand durch andere Sandarten oder synthetisches Material ersetzt. In Ländern, wo Arbeitsschutzmaßnahmen gesetzlich nicht verankert sind, werden Silikoseerkrankungen überdurchschnittlich häufig registriert.

Reaktion des Lungengewebes

Man weiß heute, dass kristallines Siliziumdioxyd für die Lungen extrem schädlich ist. Arbeiter sind schon mit einem Gramm reinen Quarzstaubs in den Lungen gestorben. Bei Cristobalit oder Tridymit kann schon die Hälfte dieser Menge tödlich sein. Die extrem schädigende Wirkung der freien Siliziumpartikel auf das Lungengewebe wird durch folgenden Reaktionsmechanismus erklärt. Gelangen Siliziumkristalle in die Lunge, so werden sie von den Makrophagen (Freßzellen) aufgenommen und gewinnen dann Zugang zu den Lymphwegen der Lunge. Durch Zerfallsprozesse der Makrophagen wird das Siliziumdioxyd wieder freigesetzt. Als Reaktion auf diese Prozesse wird eine Bindegewebswucherung in Gang gesetzt, so dass sich Bindegewebsknötchen von zwei bis fünf Millimeter Durchmesser bilden, die Siliziumpartikel enthalten. Schreitet der Prozess fort, wachsen die Einzelknötchen zu groben Knoten zusammen, die zerfallen können und dann Höhlen bilden. Die Krankheitsprozesse konzentrieren sich vorwiegend um die Bronchien.

Silikotuberkulose

Zu den weiteren charakteristischen Eigenschaften der Silikose gehört, dass sie die Abwehrkraft der Lunge gegen Infektionen – insbesondere gegen Tuberkulose – herabsetzt. Für einen an Silikose erkrankten Arbeiter ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich eine Tuberkulose zuzieht, etwa 15 mal erhöht. Wenn ein Silikose- Patient an Tuberkulose erkrankt, sprechen die Ärzte von Silikotuberkulose. Im Bergbau stellte diese Komplikation früher ein zentrales Problem dar. Ein Arbeiter, der über einen kurzen Zeitraum hinweg einer großen Menge Quarzstaub ausgesetzt ist, kann akute Silikose bekommen – eine schwere Form der Krankheit, die innerhalb weniger Wochen ausbricht.

Das erste Symptom ist ein trockener Husten, und schon wenige Tage später kommt es zu Kurzatmigkeit. Eine Behandlung ist nicht möglich, und der Patient stirbt gewöhnlich nach wenigen Monaten. Solche Fälle sind äußerst selten geworden, aber sie können immer noch vorkommen, etwa durch Vernachlässigen der Sicherheitsmaßnahmen beim Sandstrahlen.

Am häufigsten ist in westlichen Ländern die sub akute oder chronische Form der Silikose, bei der oft die Symptome erst Jahre nach dem ersten Kontakt mit dem Quarzstaub auftreten – manchmal erst nach zehn Jahren und noch später. Das erste Symptom ist in der Regel Kurzatmigkeit, vor allem bei körperlichen Anstrengungen wie dem Treppensteigen. Es gibt keine äußeren Anzeichen, aber bei einem entsprechenden Verdacht wird eine Röntgenaufnahme gemacht. Darauf sind die für die Silikose typischen Schatten zu erkennen.

Behandlung und Prognose

Im Rahmen der Behandlung von Patienten, bei denen eine Silikose diagnostiziert worden ist, kommt es entscheidend darauf an, sie von jeder Tätigkeit fernzuhalten, bei der sie Quarzstäuben ausgesetzt sein könnten. Eine Behandlung, die den Silikose-Patienten heilen würde, gibt es nicht. Der Patient wird in regelmäßigen Abständen durch Röntgenaufnahmen und Analyse des Auswurfs auf Tuberkulose untersucht. Die Prognose hängt von der Schwere der Lungenschädigung ab. Wenn die typischen Symptome erst nach etwa 20 Jahren auftreten, ist die Prognose relativ gut, und man kann von einer normalen Lebenserwartung ausgehen. Treten dagegen die ersten Symptome schon nach wenigen Jahren auf, setzt das die Lebenserwartung fast zwangsläufig herab. Die zunehmend stärker werdende Kurzatmigkeit wird mit der Zeit zu einer erheblichen Behinderung. Atembeschwerden, Schmerzen in der Brust und Gewichtsverlust werden schließlich zum Dauerzustand. Am Ende kommt es wahrscheinlich zu derartig starken Herzbeschwerden, dass der Patient daran stirbt.

Vorbeugung

Da bei der Silikose eine Heilung nicht möglich ist, kommt der Vorbeugung entscheidende Bedeutung zu: Es muss verhindert werden, dass Menschen dem Staub aus kristallinern Siliziumdioxyd ausgesetzt sind. Mittlerweile gibt es exakte Richtlinien bezüglich der zulässigen Staubkonzentration an Arbeitsplätzen, wo die Gefahr einer Silikose droht. Die Höchstgrenze für feinen Quarzstaub liegt gewöhnlich bei 0,1 Milligramm pro Kubikmeter Luft.

Niedrigere Höchstgrenzen gelten, wenn mit Cristobalit und Tridymit gearbeitet wird. Die Arbeiter müssen regelmäßig auf Tuberkulose untersucht und geröntgt werden. Sie sollten sich für den Rest ihres Lebens immer wieder die Lunge röntgen lassen, da sie auch noch viele Jahre nach dem ursprünglichen Kontakt mit dem Quarzstaub Gefahr laufen, an Silikose zu erkranken. Welches Verfahren man im einzelnen anwendet, um den Staubgehalt zu reduzieren, hängt vom jeweiligen Industriezweig ab. Steinmetze haben sich früher weitgehend dadurch geschützt, dass sie den Staub beim Zersägen und Polieren von Steinen mit Wasser angefeuchtet haben. Ein gewisses Risiko ist vorhanden, wenn Steine mit feinstem Quarzsand poliert werden. Viele Steinmetze verwenden deshalb einen Mundschutz.

Vorsichtsmaßnahmen

Mit Wasser lässt sich auch das Risiko von Bergleuten verringern. Es gibt Hohlbohrer, die nur rotieren, wenn durch das Zentrum des Bohreisens Wasser läuft. Für Bergleute hängt das Risiko immer von der Art des Gesteins ab, in dem sie arbeiten. Gestein, dass kristallines Siliziumdioxyd enthält, bedeutet ein Risiko. In Bereichen der Industrie, wo es schwierig ist, den Staub einfach mit Wasser oder mit einer verbesserten Belüftung einzudämmen, müssen von den Arbeitern komplette Atemgeräte getragen werden, die von einer zentralen Quelle mit Frischluft gespeist werden.