Sprachbehinderungen

Ursachen

Körperliche Probleme sind als Ursachen für eine Sprachstörung wie das Lispeln selten. Fast alle Kinder können leichte Anomalien in der Form der Mundhöhle, Zunge oder der Zähne beim Sprechen ausgleichen. Es spielt zum Beispiel keine Rolle, ob die Zunge klein oder groß ist. Fehlen jedoch Vorderzähne oder ergeben obere und untere Vorderzähne keinen korrekten „Biss“, daher, sie sitzen nicht korrekt übereinander, kann es zum Lispeln kommen.

Erwachsene lispeln normalerweise nicht und beginnen auch nicht plötzlich damit – es sei denn, sie verlieren ihre Zähne. Gelegentlich beginnen ältere Kinder, die durchaus schon einwandfrei sprechen konnten, zu lispeln oder fallen in die Babysprache zurück. Häufiger Grund ist die Geburt eines Geschwisters, dem die Eltern den überwiegenden Teil ihrer Aufmerksamkeit zu schenken scheinen. Das ältere Kind hat den Eindruck, es muss die Liebe der Eltern zurückgewinnen, und gibt sich als Baby. Es fällt in eine Sprache und ein Verhalten zurück, die nicht seinem Alter entsprechen.

Verzögerungen in der Sprachentwicklung können auch Unreife zur Ursache haben. Sie ist unter Umständen hirnorganisch bedingt oder dem Umstand zuzuschreiben, dass Eltern und andere Erwachsene nicht alters gemäß mit dem Kind umgehen. Behandeln sie es viel zu lange wie ein Baby oder sprechen sie zu wenig mit ihm, enthalten sie dem Kind wichtige Lernmöglichkeiten vor.
Therapiebedürftigkeit

Das Lispeln wird möglicherweise zum langfristigen Problem, wenn es beispielsweise durch unbehandelte Zahnanomalien begünstigt wird. Auch eine Gaumenspalte, ein verkürztes Gaumensegel (Zäpfchen), Innenohrschwerhörigkeit sowie geistige Entwicklungsstörungen können Ursache sein. Es gibt aber auch den Fall, dass das Lispeln erst zu körperlichen Anomalien führt. Schiebt zum Beispiel ein Kind beim Sprechen der Zischlaute grundsätzlich die Zunge zwischen die oberen und unteren Schneidezähne, kommt es zu Kieferverformungen. Den Laut, den das Kind auf diese Weise hervorbringt, ähnelt dem englischen th. Andere lispelnde Kinder sprechen statt des s immer ein sch. Beide Formen der fehlerhaften Aussprache lassen sich normalerweise leicht therapieren. Voraussetzung ist, dass auch die möglicherweise bestehenden körperlichen Anomalien vorweg oder gleichzeitig behandelt werden.

Falls viele Laute nicht korrekt gebildet werden können, wird eventuell auch das Lesenlernen schwierig. Solche massiven Probleme mit dem Sprechen deuten unter Umständen auf Lernschwierigkeiten anderer Natur hin, zum Beispiel eine Lese- und Rechtschreibschwäche.

Einen festgeschriebenen Therapieplan gibt es nicht. Das sprachtherapeutische Programm wird auf den individuellen Fall abgestimmt.

Stottern

Beim Stottern ist der Sprach – beziehunsgweise Redefluss gestört. Die Sätze werden nicht ohne eine schwerwiegende und störende Unterbrechung zu Ende gesprochen. Vier Prozent aller Kinder stottern. Die Ursachen des Stotterns sind vielfältig. Für einen Großteil der Fälle ist statistisch gesichert, dass eine Verzögerung in der Sprachentwicklung vorliegt.

Entwicklung stottern

Auch Kinder, die ohne Auffälligkeiten sprechen lernen, durchlaufen in ihrer Entwicklung eine Phase des Stotterns. Die Kinder sind dann etwa drei Jahre alt. Sie geraten beim Reden ins Stocken und wiederholen Laute. Sie sind begierig, von ihren Erlebnissen zu berichten, verfügen aber noch nicht über einen ausreichenden Wortschatz, um sich fließend ausdrücken zu können. Nach Worten suchend, macht das Kind Pausen und füllt diese, indem es die vorangegangenen Sätze, Satzteile, Wörter und Wortanlaute wiederholt. Diese Wiederholungen kommen ganz zwanglos, und das Kind bemerkt sie nicht einmal – es sei denn, man weist es daraufhin.

Wichtig ist es, einem Kind in dieser Phase zuzuhören, ohne sich über seine Sprechweise beunruhigt zu zeigen. Spürt es Besorgnis von Seiten des Zuhörers, bekommt es das Gefühl, etwas falsch zu machen und verkrampft sich beim Sprechen. In der Folge könnte sich das Stottern einschleifen. Haben Kinder erst einmal genügend Wörter gelernt, um ihre Gedanken einigermaßen mühelos auszudrücken, hört das Stottern in den meisten Fällen auf.

Fixiertes Entwicklungsstottern

Das erste Stadium des Stotterns zeigt sich gewöhnlich durch Wiederholung der Wortanlaute, eine Hemmung oder auch eine Erhöhung der Spannung beim Sprechen. Es beginnt meist schleichend, kann aber auch plötzlich nach einer Krankheit oder nach einem Trauma (Verletzung) einsetzen. Je mehr Angst ein Kind vor bestimmten Situationen, auch der des Sprechens, entwickelt, desto häufiger kommt es ins Stocken oder wiederholt die Anlaute.

Das Problem verschlimmert sich, wenn die Eltern gegenüber dem Problem ihres Kindes keine gelassene Einstellung finden. Man weiß nicht, warum eine Sprachschwierigkeit einem Kind Angst macht. Sicher ist jedoch, dass die Angst vor dem Sprechen zum Stottern führen kann. Im Frühstadium macht sich das Problem oft nur gelegentlich bemerkbar – beispielsweise wenn das Kind es eilig hat, aufgeregt ist oder unbedingt eine lange Geschichte zu Ende erzählen will.

Echtes Stottern

Das echte Stottern geht mit einer sehr starken Anspannung einher, die Hemmung oder Blockierung des Redeflusses ist sehr heftig. Statt die Laute zu wiederholen, bringt der Stotterer gar keine heraus oder kann sie nach dem Ansetzen nicht beenden. Konsonanten wie p, b, t, d, kund g führen zur Blockierung, Laute wie f und s zu Dehnungen der Folgelaute.

Blockierungen sind oft von Augenblinzeln, Gesichtszuckungen und unwillkürlichen Bewegungen der Gliedmaßen begleitet. In einigen Fällen werden diese Begleiterscheinungen zum festen Bestandteil des Stotterns. Wahrscheinlich helfen die Bewegungen dem Betroffenen, ein Wort hervorzubringen, sie haben aber nichts direkt mit der Lautbildung zu tun. Die Sprachbehinderung stellt sich im wesentlichen dadurch ein, dass die am Sprechen beteiligte Muskulatur nicht richtig gesteuert und mangelhaft koordiniert wird. Die für die Atmung und Lautbildung zuständigen Muskeln sind zu stark angespannt beziehungsweise verspannt. Ist das Stottern erst einmal „eingeschliffen“ und chronisch, entwickeln sich meist feste Stottermuster.

Man unterscheidet drei Formen dieser Sprachstörung: klonisches, tonisches und kombiniertes Stottern. Das erste Muster ist durch krampfartige Wiederholungen einzelner Laute oder Silben gekennzeichnet, zum Beispiel d-d-d-d-der. Für das zweite ist die Blockierung beim Sprechen typisch. Der Sprecher verharrt angespannt in einer Sprechbereitschaft, zum Beispiel: „Morgen kommt…… … der ……… Weihnachtsmann“. Bei der dritten Form sind beide Merkmale kombiniert. Man spricht auch vom tonisch-klonischen Stottern. Die meisten Betroffenen reagieren sehr empfindlich auf Stress. Unter Leistungs- oder Zeitdruck wird das Stottern ausgeprägter. Häufig ist zu beobachten, dass sich die Menschen mit diesem Sprachproblem von der sprachlichen Kommunikation zurückziehen, Sprache als Verständigungsmittel also meiden. Unter Umständen führt das zur Vereinsamung dieser Kinder und Erwachsenen.