Scharlach

Früher war Scharlach eine der schwersten Kinderkrankheiten. Heute ist der Erreger viel weniger gefährlich, und die Behandlung mit modernen Medikamenten hat der Krankheit vollends ihre Schrecken genommen.

Scharlach ist auch heute noch in den gemäßigten Klimazonen eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Sie befällt vor allem Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren, während Kinder im ersten Lebensjahr verschont bleiben.

Der Erreger

Verursach er des Scharlachs sind Bakterien, nämlich Streptokokken der Gruppe A. Manche Streptokokkenstämme, so auch die der Gruppe A, bilden Toxine (Gifte), die rote Blutkörperchen zersetzen. Dies nennt man Hämolyse. Man kann das Hämolyseverhalten von Streptokokken in Kulturschalen untersuchen. Während manche Stämme die roten Blutkörperchen gar nicht oder nur unvollständig zersetzen, bewirken die Streptokokken der Gruppe A eine vollständige Hämolyse. In den Kulturschalen bilden diese Streptokokken einen großen vollständigen „hämolytischen Hof“ (Beta-Hämolyse). Auch der Scharlach-Erreger gehört in diese Gruppe.

Nachdem er anfangs im Hals-Rachen-Raum lokale Beschwerden verursacht, rufen erst die Toxine die Gesamtheit der Scharlach-Symptome („Vollbild“) mit den typischen Hautausschlägen hervor. Die Bakterien werden fast immer durch Tröpfcheninfektion, also durch Husten oder Niesen übertragen. Sie können aber auch durch eine Wunde in die Haut gelangen („Schmierinfektion“).

Jäher Ausbruch

Scharlach beginnt in den meisten Fällen nach einer Inkubationszeit von zwei bis vier Tagen. Die Inkubationszeit ist der Zeitraum zwischen der Ansteckung und den ersten Krankheitszeichen. Eines der typischen Merkmale der Krankheit ist ihr plötzlicher, schwerer Ausbruch mit schnell ansteigender Temperatur, Schüttelfrost, Halsschmerzen und Erbrechen. In diesem Stadium sind die Mandeln, der gesamte Rachen und der Gaumen flammend „scharlachrot“. Die Zunge ist weißlich und pelzig belegt.

Der Hautausschlag („Scharlach-Exanthem“) tritt 12 bis 36 Stunden nach Ausbruch der Krankheit auf. Er erscheint zuerst auf Hals, Brust und in der Schenkelbeuge und besteht aus dichtstehenden, stecknadelkopfgroßen hochroten Flecken, die am stärksten in den Hautfalten ausgeprägt sind. Diese Flecken entstehen durch eine Erweiterung der Blutgefäße – eine Folge der Toxinwirkung. Scharlachkranke neigen auch zu Hautblutungen. Insgesamt fühlt ihre Haut sich samtartig an.

Nach zwei bis vier Tagen verblasst der Ausschlag wieder, und in der 2. bis 3. Krankheitswoche beginnt die Haut sich zu schuppen. In schweren Fällen schuppt sie sich großblättrig ab. Früher, als Scharlach generell ernster verlief als heute, kam es beispielsweise vor, dass sich die gesamte Haut von einem Handrücken in einem Stück löste. Während der Ausschlag erscheint und dann wieder abklingt, macht die Zunge eine Reihe von Veränderungen durch. Zuerst ist sie mit einem weißen, cremigen Belag bedeckt, aus dem die Geschmacksknospen hervorragen. Wenn der Belag wieder verschwunden ist, hinterlässt er eine leuchtend rote Zunge; die immer noch deutlich hervortretenden Geschmacksknospen lassen sie wie eine Himbeere aussehen („Himbeerzunge“).

Komplikationen

Die Infektion kann auf die Ohren übergreifen und eine Mittelohrentzündung hervorrufen oder die Lymphknoten erfassen, wo sich Abszesse bilden – dies ist eine ernste Komplikation. Aber es kommen auch leichte Formen von Scharlach vor, bei denen der Erreger sich lediglich in der Nasenschleimhaut festsetzt. Doch auch in einem solchen Fall ist ein Infizierter ansteckend, zum Beispiel wenn er niest.

Ernste Folge einer Scharlachinfektion ist die mögliche überschießende Reaktion des Immunsystems auf die Streptokokken. Diese allergischen Nacherkrankungen treten zwei bis drei Wochen nach Krankheitsbeginn auf. Es kann sich dabei um eine Nierenentzündung (Nephritis) handeln, aber auch um ein akutes rheumatisches Fieber mit Ausschlag und Gelenkschmerzen. Sogar eine Schädigung des Herzens ist möglich.

Scharlach wird mit Penicillin behandelt; dieses Antibiotikum tötet die Bakterien im Hals ab und verhindert damit die weitere Bildung des Toxins, das die Krankheitserscheinungen im ganzen Körper hervorruft. Setzt die Behandlung mit Penicillin frühzeitig ein, erholt sich der Patient rasch wieder. Auch leicht Erkrankten wird dieses Medikament gegeben, denn nach einer 24stündigen Behandlung mit Penicillin ist der Scharlachpatient nicht mehr ansteckend.

Bis eine Woche nach Absinken des Fiebers muss der Patient das Bett hüten. Mundpflege, Hals- und Wadenwickel tragen zur rascheren Genesung bei. Ein Kind darf erst nach Rücksprache mit dem Arzt wieder zur Schule.