Neben Blei und Kadmium ist Quecksilber eines der giftigsten Metalle in unserer Umwelt. Quecksilbervergiftungen führen in schweren Fällen zu Nervenlähmung und oft auch irreparablen Gehirnschäden. Quecksilber ist als einziges Metall bereits bei Zimmertemperatur flüssig. Sein chemisches Zeichen „Hg“ leitet sich ab vom lateinischen Wort Hydrargyrum, was soviel bedeutet wie flüssiges Silber oder Wassersilber.
Neben Blei und Kadmium zählt Quecksilber zu den stärksten metallischen Umweltgiften. Für den Menschen ist es besonders tückisch, weil unser Körper diese Substanz nur schwer abbauen kann. Reichert sich Quecksilber im menschlichen Organismus an, sind schwere gesundheitliche Schädigungen, vornehmlich im zentralen Nervensystem, die Folge.
Spektakuläre chronische Quecksilbervergiftungen wurden aus Japan bekannt. Die Bewohner der Städte Minamata und Niigata, die sich traditionell von Fisch ernährten, zeigten in den fünfziger und sechziger Jahren schwere Vergiftungssymptome – das Meer war vor ihrer Küste stark quecksilberhaltig, und auch das Flusswasser erwies sich bei den Untersuchungen als verseucht. Seit der Katastrophe in Japan bezeichnet man chronische Quecksilbervergiftungen auch als Minamata-Krankheit.
Wegen seiner guten Wärmeausdehnung verwendet man Quecksilber in Messgeräten wie Thermometer und Barometer. Gebräuchlich ist es auch für verschiedene wissenschaftliche Präzisionsinstrumente. Das „lebendige Silber“ (vom althochdeutschen quecsilabar) wird außerdem zur Herstellung von Elektroartikeln (Fotolampen, Schalter, Batterien) verwendet. Die chemische Industrie setzt Quecksilber als Katalysator ein. Seine Eigenschaft, bestimmte Bakterien und Schimmelpilze zu vernichten, nutzt man in Schädlingsbekämpfungsmitteln und Schutzfarben für schimmelgefährdete Räume. Außerdem wird Quecksilber in zahnärztlichen Praxen und Labors zur Herstellung von Amalgam verwendet.
Fossile Brennstoffe
Quecksilber fällt auch überall dort an, wo fossile Brennstoffe verfeuert oder Erze verhüttet werden. Diese Prozesse setzen den im Brennstoff enthaltenen Quecksilberanteil in Dampfform frei. Auch Müllverbrennungsanlagen geben Quecksilber an die Umwelt ab. Die Emissionen der Industrie addieren sich zu dem Anteil an Quecksilber, der ohnehin in der Natur vorhanden ist und gasförmig aus der Erdkruste entweicht. Durch Vulkanismus und Verwitterung gelangt Quecksilber in die Hydrosphäre, die Wasserhülle der Erde. Über Auswaschungen durch Niederschläge und über die Abwässer der Industrie gelangt Quecksilber in Flüsse, Seen, das Meer und in den Boden. Die natürliche Nahrungskette transportiert es in den menschlichen Organismus.
Quecksilbervergiftungen entstehen durch Aufnahme von Dämpfen oder Quecksilberverbindungen. Im Gegensatz zu Quecksilber in metallischer Form wirken die Dämpfe und verschiedene organische Verbindungen stark giftig (toxisch). Eine hochgradig toxische Quecksilberverbindung ist zum Beispiel das Methylquecksilber (chemische Formel: CH3-Hg).
Methylquecksilber
Eine große Gefährdung geht für den Menschen von einer besonderen Eigenschaft des Methylquecksilbers aus. Es ist fettlöslich (lipophil) und wird deshalb leicht resorbiert. Methylquecksilber passiert den Magen unzersetzt und wird über den Darm in das Blut aufgenommen. Dort verteilt es sich – etwa fünf bis zehn Prozent sind im Plasma, der Rest in den roten Blutkörperchen konzentriert. Diese werden nach etwa vier Wochen abgebaut, der Schadstoff lagert sich dann in Muskeln und Nieren ab. Methylquecksilber hat beim Menschen eine relativ lange biologische Halbwertzeit, es baut sich also im Organismus nur sehr langsam ab. Methylquecksilber reichert sich zudem im Laufe der Zeit nicht nur in Muskeln und Nieren an: da es die biologischen Membranen zwischen Blut und Hirn (Blut-Hirn-Schranke) zu durchdringen vermag, ruft es am Gehirn irreparable Schädigungen hervor. Mehr oder weniger alle Bereiche des Gehirns werden in ihren Funktionen beeinträchtigt.
Weitere Angriffspunkte des Methylquecksilbers sind Leber und Niere, in den Bahnen des Zentralnervensystems zerstört es die Leitungsmechanismen der Nervenendigungen. Besonders stark gefährdet Methylquecksilber offenbar den menschlichen Fötus – es steht im Verdacht, Missbildungen hervorzurufen. Außerdem spricht vieles dafür, dass Methylquecksilber auch Erbschäden hervorruft, da es Chromosomen (Träger der Erbanlagen) beeinflussen kann. Akute Quecksilbervergiftungen durch Einatmen, Schlucken oder durch Aufnahme größerer Quecksilbermengen über die Haut – äußern sich in schweren Magen- und Darmkoliken, Schleimhaut oder Hautverätzungen, einem dunklen Saum im Zahnfleisch und unter Umständen auch in Nierenversagen.
Vergiftungssymptome
Die ersten Krankheitszeichen einer chronischen Quecksilbervergiftung sind Entzündungen der Mundschleimhaut sowie Erregbarkeit und ein leichtes Zittern der Hände (Quecksilberzittern). „Kribbeln“ in Händen und Füßen zeigt ein Nachlassen des Gefühls an.
Auch im Mund verspürt der Kranke ein taubes Gefühl. Bei zunehmender Vergiftung kommt es zu Konzentrations- und Sprachstörungen sowie einem Verlust der Hörfähigkeit. Oft plagt sich der Kranke auch mit Störungen der vom Kleinhirn gesteuerten Bewegungskoordination (Ataxie). Charakteristische Zeichen einer chronischen Quecksilbervergiftung ist eine allmähliche Versteifung von Armen und Beinen in unnatürlicher Haltung. Die Kranken wirken wie hölzerne Puppen und sind kaum mehr in der Lage, etwa eine Tasse zum Mund zu führen. Die chronische Quecksilbervergiftung führt über Blindheit, völlige körperliche und geistige Hilflosigkeit und Koma zum Tod.
Bei Quecksilbervergiftungen wird der Arzt versuchen, durch Verabreichung eines Gegenmittels das Quecksilber chemisch so zu verändern, dass es bereits im Magen-Darm-Trakt seine giftige Wirkung verliert und rasch ausgeschieden wird. Das Methylquecksilber lässt sich jedoch auch mittels medizinischer Kohle absorbieren.
Kohletabletten haben in Wasser eine sehr große aktive Oberfläche und absorbieren das Gift. Sie verhindern eine Aufnahme des Giftstoffes ins Blut – und damit auch ins Gehirn. Als Gegenmittel bei Quecksilbervergiftungen wird neben Penicillamin vor allem Dimercaprol verwendet. Wichtig ist, dass der Betroffene fortan eine quecksilberbelastete Umgebung meidet. Bei chronischer Quecksilbervergiftung sind einer vollständigen Heilung Grenzen gesetzt. Hier steht die Linderung der Symptome im Vordergrund.
Vorbeugung
Zur Verhütung vor Quecksilbervergiftungen im industriellen, gewerblichen und Forschungsbereich wurden in Österreich spezielle Arbeitsschutzbestimmung erlassen. Um gesundheitliche Belastungen durch Quecksilberrückstände in Lebensmitteln zu vermeiden, sollte man bestimmte Fischarten, beispielsweise Thunfisch – aber auch Waldpilze – meiden oder nur sehr selten essen.
Verschüttetes Quecksilber – etwa aus einem zerbrochenen Thermometer – muss sofort neutralisiert werden, da sonst giftige Dämpfe entstehen. Am besten streut man in einem solchen Fall auf die fein verteilten Kügelchen ein Quecksilber bindendes Mittel. Zur Not kann man die erstarrten Kügelchen auch mit einem Klebestreifen aufnehmen. Das Quecksilber muss – wie zerbrochene Quecksilberdampflampen – sofort aus der Wohnung entfernt und wie Sondermüll behandelt werden.