Bei der Entstehung von Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre spielen stets mehrere Faktoren eine Rolle. Es gibt inzwischen aber sehr wirksame Medikamente, die eine Operation oft unnötig werden lassen. Bei der Verdauung wird der Nahrungsbrei im Magen mit Pepsin, einem Verdauungsenzym, das Eiweiße spaltet, und Salzsäure durchmischt, die beide von Drüsen in der Magenwand produziert werden. Damit diese aggressiven Substanzen nicht die Magenschleimhaut selbst angreifen, sondern bestimmte Drüsenzellen der Schleimhaut einen säurebeständigen Schleim ab, der das Gewebe schützend bedeckt.
Wird das Gleichgewicht zwischen aggressiven und schützenden Faktoren gestört, also zu viel Magensäure oder zu wenig Schleim gebildet, kann die Schleimhaut von Magen oder Zwölffingerdarm angegriffen werden und ein Geschwür (Ulcus oder Ulkus) verursachen. Als Ulkus wird ein Schleimhautschaden dann bezeichnet, wenn an einer Stelle die Schleimhautschicht völlig zerstört ist und das darunterliegende Gewebe der Magenwand frei liegt. An einer solchen Stelle kann der Magensaft die darunterliegenden Gewebe angreifen und sie im schlimmsten Fall soweit zerstören, dass ein Loch in der Magenwand entsteht.
Die meisten Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre heilen ohne Behandlung nach ein paar Wochen oder Monaten von alleine wieder ab, weil die Zellen der Schleimhaut im Prinzip eine sehr gute Regenerationsfähigkeit besitzen. Das heißt, sie werden rasch neu gebildet und schließen den Gewebeschaden wieder. Viele Menschen neigen jedoch dazu, immer wieder neue Geschwüre zu bekommen, oder die alten heilen bei ihnen nicht ab. In solchen Fällen ist eine Behandlung mit Medikamenten angezeigt. Manchmal muss aber trotzdem operiert werden.
Ulkuskrankheiten
Geschwüre können entweder im Magen selbst (Magengeschwür oder Ulcus ventriculi) oder im Zwölffingerdarm (Zwölffingerdarmgeschwür oder Ulcus duodeni) entstehen. Die beiden Typen ähneln sich von den Entstehungsbedingungen her so sehr, dass sie oft als ein und dieselbe Erkrankung angesehen und einfach als „Ulkusleiden“ bezeichnet werden. Männer erkranken viermal so häufig daran als Frauen. Warum Männer häufiger erkranken als Frauen, konnte noch nicht geklärt werden.
Warum manche Menschen besonders dazu neigen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre zu bekommen, ist nicht bekannt. Allgemein begünstigen unregelmäßige Ernährungsweise, Stress und hochprozentige alkoholische Getränke, auf nüchternem Magen getrunken, eine Geschwürbildung. Regelmäßige Mahlzeiten mit hohem Ballastgehalt und der Abbau von Stress können zur Vorbeugung gegen Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre beitragen.
Vorsicht mit Medikamenten
Besondere Vorsicht ist für gefährdete Patienten bei der Einnahme von Medikamenten mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure (Schmerzmittel), Phenylbutazon und Indometazin (Antirheumatika) geboten. Anhand der Symptome lassen sich Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre nicht immer sicher unterscheiden. In beiden Fällen treten Schmerzen im Oberbauch, meist anfallsweise über einige Wochen oder Monate hinweg, auf. Der Schmerz ähnelt auch dem, der durch eine Speiseröhrenentzündung hervorgerufen wird. Eine solche Entzündung des unteren Endes der Speiseröhre wird durch aus dem Magen zurückflutende Magensäure – als Sodbrennen bekannt – verursacht.
Völlegefühl und Druck
Zusätzlich bestehen beim Ulkus häufig Völlegefühl und Druck im Oberbauch. Es kann zu häufigerem Erbrechen und zu einer langsamen Gewichtsabnahme kommen. Typischerweise tritt bei einem Magengeschwür der Schmerz als „Sofortschmerz“ gleich nach dem Essen auf, bei einem Zwölffingerdarmgeschwür eher ein „Nüchtern schmerz“ , der nach dem Essen vergeht. Daher sind bei diesem Geschwür die Beschwerden nachts am stärksten. Es besteht auch eine jahreszeitliche Abhängigkeit: Im Frühjahr oder Herbst leiden dafür empfängliche Personen am ehesten an Zwölffingerdarmgeschwüren.
Gefahren
Die schwerste Komplikation bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren ist eine Blutung. Der Patient erbricht dann manchmal Blut, das in Form kleiner dunkelbrauner Körnchen als sogenannter Kaffeesatz dem Erbrochenen beigemengt ist, oder sie haben schwarzen „Teerstuhl“, wobei die dunkle Färbung durch das im Dickdarm angedaute Blut hervorgerufen wird. Ein blutendes Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür kann zu einem starken Blutverlust führen. Der Arzt muss dann den durch den Blutverlust verursachten Schock behandeln.
Kleinere Blutungen kommen meist von allein zum Stillstand. Bei starken Blutungen muss möglicherweise operiert werden. Das Geschwür kann aber auch die Wand von Magen beziehungsweise Zwölffingerdarm durchbrechen und eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) auslösen. Die Krankheitszeichen entwickeln sich dramatisch unter unerträglichen Bauchschmerzen. Eine sofortige Operation ist in solchen Fällen immer erforderlich, weil Lebensgefahr besteht. Auch die Entzündungen und Vernarbungen in der Umgebung eines chronischen Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs können Probleme verursachen, indem sie zu einer Verengung oder einem vollständigen Verschluss des Magenausgangs (Magenpförtners) führen, also der Stelle, wo der Magen in den Zwölffingerdarm übergeht.
Eine weitere Gefahr bei Magengeschwüren ist die mögliche krebsige Entartung. Personen mit Magengeschwüren sollten deshalb mit einem Gastroskop (ein röhrenförmiges, mit Lichtquelle und Spezialoptik ausgestattetes Instrument) untersucht werden, um zur genauen Bestimmung eine Gewebsprobe entnehmen zu lassen. Bei Zwölffingerdarmgeschwüren besteht das Risiko einer krebsigen Entartung nicht.
Diagnose
Die Diagnose wird entweder durch eine Röntgenaufnahme oder mit Hilfe eines Gastroskops erstellt. Die Röntgendiagnose setzt voraus, dass der Patient vorher ein spezielles, meist bariumhaltiges Kontrastmittel trinkt, das die Schleim häute benetzt und schon feine Veränderungen auf der Röntgenaufnahme darstellt.
Das Gastroskop ist ein flexibler Schlauch mit Glasfaseroptik, mit dessen Hilfe man die Schleimhäute von Magen- und Zwölffingerdarm direkt betrachten kann; es wird durch den Mund in den Magen beziehungsweise bis in den Zwölffingerdarm eingeführt. Mit dem Gastroskop kann man auch Gewebsproben aus der Magenwand entnehmen, die dann im Labor untersucht werden können, beispielsweise ob irgendwelche Anzeichen auf Bösartigkeit hindeuten. Mit dem Gastroskop lassen sich auch kleine Blutungen elektrisch stillen.
Medikamentöse Behandlung
Liegt ein Geschwür vor, wird es zunächst mit Medikamenten behandelt. Es gibt verschiedene Mittel, die die Heilung von Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren fordern. Ihre Wirkung beruht darauf, dass sie das Ungleichgewicht der auslösenden Faktoren aufheben.
Operation
Bei einer Operation wird immer auch versucht, die Säureproduktion des Magens zu verringern, denn die operative Entfernung des Geschwürs bedeutet keinesfalls, dass nicht an anderer Stelle ein neues Geschwür entstehen kann. Man durchtrennt bei einer Operation einige der Nerven, die den Magen zur Säurebildung anregen (eine solche Operation wird als Vagotomie bezeichnet), oder es wird ein Teil des Magens selbst entfernt (dies wäre eine partielle Gastrektomie oder Magenresektion).
Bei einem Durchbruch der Wand (Perforation) muss sofort operiert werden, um eine Bauchfellentzündung zu vermeiden. Oft wird dann nur das Loch geschlossen (übernäht), weil eine größere Operation dem Patienten in diesem kritischen Zustand nicht zuzumuten ist.
Bei Magenkrebs entscheidet über die Art und den Umfang der Operation vor allem Sitz und Größe des Tumors. Vagotomie Unter Vagotomie versteht man die Durchtrennung des Vagusnervs. Dieser Nerv zieht – vom Gehirn kommend – durch den Hals, den Brustraum und verzweigt sich dann im Bauchraum. Er versorgt praktisch alle inneren Organe und koordiniert das harmonische Zusammenwirken. Bei einer Magensäureüberproduktion gibt er jedoch meist zu starke Impulse an den Magen ab. Durchtrennt man die Nervenäste, die zum Magen ziehen, nimmt die Säurebildung ab. Dies Verfahren wird meist .bei einem Ulcusduodeni angewandt, das mit Medikamenten nicht geheilt werden konnte.
Die Entwicklung von säurebindenden Medikamenten war ein bedeutender Fortschritt in der Behandlung von Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren. Die Heilungschancen sind bei der Mehrheit der Patienten sehr gut. Zwar können sich anfangs lästige Verdauungsstörungen bemerkbar machen, aber diese bessern sich in der Regel auch ohne Behandlung.