Geschlechtsumwandlung

Transsexuelle sind Menschen, die das Gefühl haben, dem falschen Geschlecht anzugehören, was unter Umständen zu einem starken Leidensdruck führt. Hier kann die moderne Medizin mit Hormonbehandlung und Operation helfen.

Transsexuelle sind körperlich eindeutig Mann oder Frau, aber ihr Empfinden steht im Gegensatz zu ihrem biologischen Geschlecht. Über die Ursachen der Transsexualität gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, aber höchstwahrscheinlich sind eher psychische als physische Probleme verantwortlich dafür. Zwar ist bei Transsexuellen zuweilen ein geringfügig veränderter Hormonspiegel zu finden, der dazu führen kann, dass sie sich eher mit dem jeweils anderen Geschlecht identifizieren; doch entscheidend für die Entwicklung zum Transsexuellen ist wohl ein von früher Kindheit an bestehender Identitätskonflikt bezüglich des eigenen Geschlechts.

Unbehagen und Widerwillen

Die Unfähigkeit, sich mit dem eigenen anatomischen Geschlecht zu identifizieren, setzt sich in der Pubertät verstärkt fort: Das Hervortreten der Merkmale des nicht erwünschten Geschlechts wird mit Unbehagen und Widerwillen erlebt. Schätzungen besagen, dass einer von 100.000 Männern als transsexuell bezeichnet werden können.
Transsexuelle dürfen nicht mit Transvestiten verwechselt werden. Transvestiten ziehen die Kleider des anderen Geschlechts an, gewöhnlich als ein Mittel zur sexuellen Erregung, fühlen sich aber nichtsdestoweniger psychisch mit ihrem biologischen Geschlecht in Übereinstimmung. Transsexualität ist auch nicht dasselbe wie Homosexualität.

Homosexuelle haben ein sexuelles Verlangen nach einem Angehörigen des gleichen Geschlechts – das kann durchaus mit einer liebevollen Zuneigung zum anderen Geschlecht einhergehen. Die meisten Homosexuellen hegen aber im allgemeinen nicht den Wunsch, das anatomische Geschlecht, mit dem sie geboren wurden, zu ändern.

Transsexualität ist nichts Neues – immer schon gab es Menschen mit dem Gefühl, dass sie mit dem falschen Geschlecht geboren worden sind und lieber dem anderen angehören würden. Aber erst durch die Fortschritte der modernen Medizin ist es möglich geworden, die Anatomie eines Menschen umzugestalten. Der Entscheidung, eine operative Geschlechtsumwandlung anzustreben, gehen in der Regel lange quälende Überlegungen voraus. Nichtsdestoweniger haben die Mediziner in strengen Richtlinien festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Operation durchgeführt werden kann.

Mit psychiatrischer Untersuchung und Beratung sollen die wirklichen Transsexuellen ermittelt und von Transvestiten und männlichen und weiblichen Homosexuellen unterschieden werden. Aufgrund der strengen Richtlinien kommt auf zehn Bitten um eine Geschlechtsumwandlung nur eine, der stattgegeben wird.

Während einer ausgedehnten psychotherapeutischen Behandlung und Begleitung wird ergründet, in welchem Maße dem Patienten oder der Patientin mit der gewünschten Geschlechtsumwandlung voraussichtlich geholfen sein wird. Wenn nach dieser Beurteilung alle Umstände für eine Geschlechtsumwandlung sprechen, kann der Patient oder die Patientin zunächst drei Jahre lang als Angehöriger des anderen Geschlechts leben. Er oder sie wird die Kleider des anderen Geschlechts tragen, einen neuen Vornamen annehmen und nach außen praktisch ganz mit dem gewünschten Geschlecht leben – dies ist die sogenannte „kleine Lösung“, Weiter kann das zweckdienliche Hormon vom Arzt verordnet werden, entweder das weibliche Hormon Östrogen oder das männliche Hormon Testosteron.
Tabletten täglich oder alle vierzehn Tage eine Spritze sind erforderlich, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Die körperlichen Veränderungen setzen fast augenblicklich ein. Bei Männern entwickeln sich die Ansätze von Brüsten, und ihre Haut wird weich. Das Körperfett verteilt sich anders. Es kann auch zu einem teilweisen Verlust der Körper- und Gesichtsbehaarung kommen; was dann noch übrig ist, wird gewöhnlich durch Elektrolyse oder elektrischer Epilation entfernt. Die Stimme bleibt weitgehend unverändert.

Die Operation

Es ist üblich, vor der Operation zur Geschlechtsumwandlung ein positives Gutachten des behandelnden Psychiaters beizubringen. Bei einer Mann-zu-Frau-Umwandlung werden zwei Operationen durchgeführt. Bei der ersten werden zur Unterstützung des Brustwachstums, das durch die Hormonzufuhr eingeleitet worden ist, Kunststoffprothesen unter die Haut eingepflanzt. Die zweite Operation dient der Entfernung der Hoden (Kastration), des Penis und des letzten Abschnittes der Harnröhre sowie der Konstruktion einer Scheide.

Angelegt wird diese Scheide im Damm (der Brücke aus Muskel- und Fasergewebe zwischen den Geschlechtsteilen und dem After); man verwendet dafür entweder Haut aus dem Hodensack, überschüssige Haut des Penis oder einen Hautlappen, der dem Bein oder der Gesäßbacke entnommen wird. Manche Chirurgen ziehen es vor, eine Scheide aus einem Stück Darm zu formen.

Die erste – und manchmal einzige – Operation, die eine Frau-zu-Mann-Transsexuelle vornehmen lässt, ist eine Mastektomie, die operative Entfernung der Brüste. Manche, aber nicht alle, unterziehen sich außerdem einer Hysterektomie (operative Entfernung der Gebärmutter) und einer Ophorektomie (operative Entfernung der Eierstöcke). Diese Operationen werden gewöhnlich empfohlen, wenn die Hormondosierung reduziert werden muss. Andernfalls ist damit zu rechnen, dass die Menstruation wieder einsetzt.

Operationen mit dem Ziel, aus einem Hautlappen einen Penis zu formen, sind extrem schwierig und nicht immer erfolgreich. Die Scheide wird geschlossen, und aus den Schamlippen kann ein Hodensack geformt werden. Zur Konstruktion eines Penis nimmt man dann einen Hautschlauch aus der Bauchdecke oder aus dem Bein. Ein Penis-Implantat aus Kunststoff, das nach dem Prinzip einer Hydraulikpumpe aufgeblasen werden kann, lässt sich einsetzen, und auch in den neuen Hodensack können Kunststoffprothesen eingepflanzt werden. Eine andere Methode besteht darin, die Klitoris, die durch die Verabreichung männlicher Hormone ein wenig größer geworden ist, dadurch noch weiter zu vergrößern, dass man zusätzliche Hormone in sie injiziert. Danach lässt sich dann Haut aus dem Oberschenkel auf die Klitoris übertragen.
Im allgemeinen sind die Ergebnisse bei Mann-zu-Frau-Operationen zufriedenstellender und beanspruchen weit weniger Zeit; das erklärt zum Teil, warum diese Operationen viel häufiger angestrebt werden als die Umwandlung von der Frau zum Mann.

Das Resultat

Nach einer Mann-Zug-Frau-Operation kann Geschlechtsverkehr stattfinden, aber die Empfindungen, die in einer normalen Scheide möglich sind, werden sich nicht einstellen. Es hat zwar Versuche gegeben, einige der empfindliche Teile des Penis bei der Operation mit zu übernehmen, um eine gewisse sexuelle Reaktionsfähigkeit zu erhalten, aber im allgemeinen scheitern diese Versuche. Nach Frau-zu-Mann-Operationen ist keine Erektion möglich, es sei denn mit mechanischen Hilfsmitteln von der Art eines aufblasbaren Penis-Implantats. Aber selbst dann bleibt gewöhnlich jede Empfindung aus. Die Hormonbehandlung muss während des ganzen Lebens eines Transsexuellen fortgeführt werden, da sich sonst alles wieder umkehren würde.

Probleme

Mit der operativen Geschlechtsumwandlung ist die Transsexualität nicht geheilt; sie ist vielmehr als Teil der psychiatrischen Behandlung anzusehen. Zugrunde liegende Persönlichkeitsprobleme und depressive Neigungen können in der Phase nach der Operation weiterhin fortbestehen. Einem Großteil der Patienten und Patientinnen gelingt es, sich der neuen Geschlechtsrolle anzupassen; einige jedoch fühlen sich enttäuscht und kommen mit der neuen Lage überhaupt nicht zurecht. Schon aus diesem Grund muss jeder Fall vor der Operation sorgfältig beurteilt werden, und eine nach sorgende therapeutische Begleitung über einen längeren Zeitraum hinweg ist unbedingt erforderlich. Für die Familie und die Freunde eines Transsexuellen ist eine Geschlechtsumwandlung unter Umständen schwer zu bewältigen: Da ist mit Angst, Verwirrung und sogar Abscheu zu rechnen. Diese Gefühle können manchmal durch offene Gespräche mit dem oder der Transsexuellen und auch durch Beratung mit dem behandelnden Arzt und dem Therapeuten überwunden werden.