Aufgrund der vom Patienten geschilderten Symptome sowie systematisch durchgeführter Untersuchungen stellt der Arzt schließlich seine Diagnose – unbedingte Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. Zahlreiche Krankheiten kann der Hausarzt aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung schon in seinem Sprechzimmer diagnostizieren. Oftmals ist jedoch spezielles Wissen erforderlich. Dann wird der Patient zu einem Facharzt oder in ein Krankenhaus überwiesen.
Dem Arzt stehen verschiedene diagnostische Hilfsmittel zur Verfügung. Eine Vielzahl von Geräten und Instrumenten gibt ihm Aufschluss darüber, was sich im Körper des Kranken abspielt. Er wird den Patienten eingehend befragen und führt Untersuchungen durch, um etwaige Abweichungen vom Normalzustand festzustellen. Die verschiedenen Möglichkeiten engt der Arzt so weit wie möglich ein, um einer Fehldiagnose vorzubeugen. Der Behandelnde möchte aber nicht nur herausbekommen, was dem Patienten fehlt (die eigentliche Diagnose), sondern er versucht auch abzuschätzen, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist, wie der weitere Verlauf sein wird (Prognose) und welche Behandlung der Patient kurzfristig und auf längere Sicht benötigt (Therapie).
Erkennen der Symptome
Um sich ein vollständiges Bild vom Befinden des Patienten machen zu können, hält der Arzt nach Anzeichen der vermuteten Krankheit Ausschau. Symptome sind neben körperlichen Veränderungen auch die Gefühlslage und Wahrnehmungen des Patienten. Veränderungen des Pulsschlags, der Körpertemperatur und des Blutdrucks geben zusammen mit Auffälligkeiten bei Röntgenaufnahmen sowie Blut- und Urinuntersuchungen weitere Aufschlüsse.
Der Arzt befragt den Patienten als erstes über seine Symptome: Welcher Art und wie stark sind sie? Wie und wann haben sie eingesetzt? Hatten Sie die gleichen Beschwerden schon einmal? Als nächstes wird er wissen wollen, ob innerhalb der Familie schon ähnliche Krankheitserscheinungen aufgetaucht sind. Der Arzt erkundigt sich auch nach der Ernährungsweise, dem Konsum an Alkohol und Zigaretten sowie nach dem Berufs- und Privatleben und den Freizeitbeschäftigungen des Patienten. Die Antworten (Anamnese) helfen dem Arzt, sich ein möglichst vollständiges Bild von seinem Patienten zu machen und die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Krankheit abzuschätzen.
Bei erkrankten Kleinkindern ist der Arzt darauf angewiesen, dass die Mutter oder der Vater ihm seine Fragen beantwortet. Er erkundigt sich möglicherweise auch nach dem Verlauf von Schwangerschaft und Geburt sowie nach wichtigen Entwicklungsphasen im Leben des Kindes. Beispielsweise wird er wissen wollen, ab welchem Alter es sitzen, laufen und sprechen konnte. Schwierig wird es, wenn die Eltern versuchen, die Symptome eines noch sehr kleinen Kindes zu interpretieren. Ist ein Kind schon alt genug, um selbst zu beschreiben, was ihm fehlt, kann dies verworren klingen, weil es Kindern schwerfällt, die schmerzende Stelle exakt zu beschreiben. Kleine Kinder zeigen beispielsweise bei Schmerzen, die im Rumpf sitzen, fast regelmäßig auf die Nabelgegend.
Nach der Befragung untersucht der Arzt den Patienten. Als erstes überprüft er Haut und Augen. Das verschafft ihm einen Allgemeineindruck, der oft schon Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der betroffenen Person zulässt. Als nächstes wird er wahrscheinlich die Zunge betrachten und sie mit einem Spachtel herunterdrücken, um den Rachen und die Mandeln zu inspizieren. Dann lässt er gegebenenfalls die Temperatur des Patienten messen. Bei Erwachsenen wird im allgemeinen mit dem Thermometer unter der Achsel gemessen, bei Babys und Kleinkindern dagegen im After. Hat der Patient Über- oder Untergewicht, wird er möglicherweise auch gewogen; das gleiche tut der Arzt bei Kindern, wenn er feststellen will, wie ihre körperliche Entwicklung fortschreitet.
Eingehende Untersuchungen
Nach der allgemeinen Untersuchung konzentriert sich der Arzt nun auf die möglichen Ursachen der Beschwerden. Zur Untersuchung des Kreislaufs misst er Puls und Blutdruck. Anschließend prüft er die Blutgefäße des Auges, wozu er das untere Lid herabzieht. Erkrankungen der Blutgefäße können oft durch eine Untersuchung des Augenhintergrundes festgestellt werden. Der Arzt wird den Patienten im allgemeinen jedoch zu einem Facharzt für Augenheilkunde überweisen. Mit dem Stethoskop wird so dann das Herz auf etwaige abnorme Geräusche abgehört.
Den Atmungsapparat des Patienten untersucht der Arzt, indem er ihm den Brustkorb abklopft und auf dabei entstehende Geräusche achtet. Er bittet den Patienten, tief ein- und auszuatmen, während er mit dem Stethoskop die Lunge abhört, erst auf der Brust und dann auf dem Rücken. Wie beim Herzen kann auch hier ein ungewöhnliches Geräusch zu der Diagnose beitragen. Neben der Untersuchung von Mund und Zähnen sowie, falls erforderlich, des Afters, untersucht der Arzt unter Umständen auch den Verdauungstrakt und die Organe im Bauchraum. Er tastet sorgfältig ab und drückt auf die Bauchwand des Patienten. In einigen Fällen untersucht er zusätzlich auch noch rektal (durch den After).
Rheumatische Leiden – also Beschwerden der Muskeln, Knochen, Gelenke und der zugehörigen Nerven – äußern sich in der Regel durch Schmerzen bei bestimmten Bewegungen. Der Arzt versucht festzustellen, wann der Schmerz auftritt. Beispielsweise dreht er den Unterschenkel des Patienten leicht nach innen oder außen. Er untersucht an Armen und Beinen Hautempfindung und Muskelkraft sowie Belastbarkeit und Bewegungseinschränkung.
Will der Arzt die Reflexe überprüfen, beginnt er meistens mit dem Kniesehnenreflex. Dazu bittet er den Patienten, die Beine übereinanderzuschlagen, und klopft dann mit einem kleinen Gummihammer auf das obere Bein dicht unterhalb der Kniescheibe.
Zur Untersuchung der Sinnesorgane wird der Arzt die Augen mit einem Augenspiegel und die Ohren mit einem Ohrspiegel prüfen, zum Beispiel um etwaige Anzeichen für einen Schaden oder eine Infektion im Mittelohr oder am Trommelfell zu entdecken. Der sensible (Hautreize aufnehmend) und der motorische (einen Muskelreiz aussendende und weiterleitende) Gesichtsnerv werden untersucht durch Druck auf Nervenaustrittspunkte und Überprüfen bestimmter Bewegungen, z. B. Verziehen des Mundwinkels.
Nach Abschluss der Untersuchung stellt der Arzt seine Diagnose und verordnet eine Behandlung. Dabei zieht er nicht nur die Antworten auf seine Fragen und die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen in Betracht, sondern auch die Erkenntnisse, die er über die psychische Verfassung und den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten gewonnen hat. Beispielsweise kann er zu dem Schluss kommen, dass der Patient in erster Linie unter hohem Blutdruck leidet, der eine medikamentöse Behandlung erfordert. Darüber hinaus beschließt er eventuell, dass eine Diät nötig ist und der Betroffene bei der Bewältigung seiner psychischen Probleme Hilfe braucht. Wie kompliziert die Diagnose ist, hängt von der Art der Erkrankung ab. Viele Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps und Windpocken haben so charakteristische Symptome, dass sie kaum mit einem anderen Leiden verwechselt werden können. Auch viele Krankheiten, die zumeist nur bei Erwachsenen auftreten, weisen eindeutige Symptome auf. Manchmal ist das Krankheitsbild so unverkennbar, dass der Arzt die oben beschriebene ausführliche Untersuchung nicht vollständig durchzuführen braucht. Andere Krankheiten sind dagegen komplizierter und nicht so leicht zu diagnostizieren, und in diesen Fällen sind weitere Untersuchungen angezeigt.
Spirometer
Bei bestimmten Lungenkrankheiten wie Asthma und Bronchitis ist das Ein- und Ausströmen der Luft durch eine Entzündung der Atemwege eingeschränkt. Der Arzt kann den Grad der Atembeschwerden messen, indem er den Patienten bittet, kräftig durch ein Instrument, das Spirometer, auszuatmen (Tiffeneau-Test). Dieses Gerät misst die Geschwindigkeit der aus der Lunge austretenden Luft. Der Arzt vergleicht das Ergebnis mit Standardwerten und berücksichtigt dabei Alter und Körpergröße des Patienten. Deutliche Abweichungen können auf eine asthmatische Erkrankung oder eine Bronchitis hinweisen. Mit dem Spirometer kann nicht nur die Geschwindigkeit der aus der Lunge austretenden Luft gemessen werden, sondern auch das Lungenvolumen.
Elektrokardiogramm (EKG)
Mit dem Elektrokardiographen misst der Arzt die elektrischen Impulse, die im Körper durch die Herztätigkeit erzeugt werden. Von dem EKG-Gerät ausgehende Elektroden werden an Armen und Beinen, andere auf der Brust befestigt. Über diese Elektroden werden verschiedene Messergebnisse übermittelt, die der Elektrokardiograph auf einen langen Papierstreifen aufzeichnet (Elektrokardiogramm = EKG), aus denen der Arzt sich ein Bild von der eventuellen Fehlfunktion des Herzens machen kann. Das EKG dient unter anderem zur Diagnostizierung von Abweichungen im Herzrhythmus. Auch andere Befunde, wie beispielsweise eine ungewöhnliche Verdickung des Herzmuskels, können mit Hilfe eines EKGs festgestellt werden, ebenso wie frühere möglicherweise unentdeckt gebliebene Herzinfarkte. Teile des Herzmuskels, die infolge einer Erkrankung der Kranzgefäße nicht ordnungsgemäß mit Blut versorgt werden, fallen auf dem EKG auch auf.