Chirurgie

Chirurgische Nähte

Beim Nahtmaterial unterschiedet man solches, das sich im Körper auflöst, und solches, das ständig im Körper verbleibt oder einige Zeit nach der Operation entfernt wird. Die erste Gruppe umfasst Katgut (Katgut ist eine Eindeutschung des englischen Catgut und heißt richtig übersetzt „Katzendarm“, wird aber in Wirklichkeit aus Hammeldarm hergestellt), Kollagen und Dexon. Das Material wird getrocknet und verdrillt. Nach einem dem Gerben ähnlichen Verfahren wird erreicht, dass es sich im Körper langsam auflöst. Es wird sterilisiert und in luftdicht verschlossener Folie in Alkohol verpackt. Dexon ist ein synthetisches Material, das sich ebenfalls im Körper auflöst, aber nicht so geschmeidig ist wie Katgut und sich beim Vernähen der Wunde weniger leicht verknoten lässt.

Zu den nicht resorbierbaren Nahtmaterialien gehören Seide, Flachs, Zwirn, Polyamid und Draht. All diese Materialien werden im Körper des Patienten belassen. Nahtmaterialien zum Ab- und Unterbinden (Ligatur) lösen sich im allgemeinen auf, das gilt auch für Material, das für Schleimhaut-, Muskel- oder Darmnähte verwendet wird. Die Nadeln für chirurgische Nähte sind auf die unterschiedlichen Gewebe und Aufgaben ausgerichtet; „scharfe“ (dreikantige) für festes Gewebe wie Haut, und „runde“ Nadeln für empfindliches Gewebe wie Darm, „gerade“ Nadeln für fortlaufende Nähte bei inneren Operationen, etwa der Bauchmuskulatur. Das stumpfe Ende chirurgischer Nadeln ist hohl, hier wird der Faden eingeklemmt. Die sogenannte „atraumatische“ Nadel hat kein Ohr, der Faden ist gleich mit angebracht, sie ist für das Legen ganz feiner Nähte gedacht.

Der Chirurg

Chirurgie war früher der Teilbereich der Medizin, der sich mit der Behandlung sogenannter äußerer Krankheiten beschäftigte. Eine scharfe Abgrenzung zwischen inneren und äußeren Krankheiten besteht allerdings nicht, und auch die Behandlungsformen der inneren Medizin und Chirurgie ergänzen sich gegenseitig. Dennoch blieb der Chirurg (Wundarzt) gegenüber dem Medicus lange Zeit geringer geachtet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde von den Ärzten allgemein eine vollständige chirurgische Ausbildung verlangt, und die chirurgischen Bildungsanstalten wurden mit den medizinischen vereinigt. Die Gründe für das steigende Ansehen der Chirurgen lagen neben der besseren Ausbildung in der Einführung folgender drei Faktoren: Narkose, Antisepsis und künstlich herbeigeführte Blutleere (durch Abbinden bzw. Abklemmen des betroffenen Bereichs).

Heutzutage ist der Chirurg ein approbierter Arzt, der zusätzlich eine sechs Jahre dauernde Weiterbildung absolviert hat. Viele Menschen fragen sich, wie ein in der Ausbildung befindlicher Chirurg an seine erste Operation herangeht. Dies geschieht ganz allmählich: Von einzelnen Operativen Handgriffen unter strenger Überwachung arbeitet er sich langsam zu größeren chirurgischen Eingriffen vor. Wenn ein angehender Chirurg zum ersten Mal eine größere Operation vornimmt, hat er in der Regel schon viele Male bei gleichartigen Operationen assistiert.

Aufgaben des Chirurgen

Ein Chirurg hat zunächst die Aufgabe, zu erkennen, ob der Patient, der zu ihm kommt, hauptsächlich chirurgisch oder eher internistischbeziehungsweise allgemeinmedizinisch behandelt werden sollte. Typisch chirurgische Erkrankungen sind Verletzungen und körperliche Fehlbildungen. Er führt Voruntersuchungen durch und kommt möglicherweise zu dem Schluss, dass eine Operation erforderlich ist. Nach der operativen Behandlung betreut er den Patienten weiter auf der Station beziehungsweise in der Praxis, bis dieser geheilt ist oder zumindest in die Obhut des Hausarztes entlassen werden kann.

Zu den Aufgaben des Chirurgen gehören aber auch die konservativen Verfahren, daher die Behandlung fehlgebildeter oder verletzter Körperteile ohne eine Operation. Es versteht sich von selbst, dass Kenntnisse und Erfahrung in der Lokal- und Leitungsanästhesie und der instrumentellen Untersuchungsverfahren (z. B. Spiegelung innerer Organe) ebenso wichtig sind wie die Röntgendiagnostik des Stütz- und Bewegungsapparates und die Notfalldiagnostik der Schädel-, Brust- und Bauchhöhle. Zu den chirurgischen Aufgaben gehören auch Verfahren der Wiederbelebung und Schockbehandlung, die Infusions- und Bluttransfusionstherapie, sowie die Begutachtung im Durchgangsarztverfahren der Berufsgenossenschaften.

Es ist schwierig, eine Liste all der verschiedenen Operationen herauszustellen, die heutzutage vorgenommen werden, aber sie lassen sich grundsätzlich in sechs große Gruppen einteilen. Es sind dies Operationen an: Kopf- und Halsbereich, z. B. Struma (Eingriff an der Schilddrüse) und Tracheotomie (Luftröhrenschnitt); Brustwand und Brusthöhle, z. B. Brustdrüsenamputation und Thorakotoien (Brustkorböffnung) ; Bauchwand und Bauchhöhle, z. B. Magenresektion (Entfernung erkrankter Teile), Appendektomie („Blinddarmoperation“), Entfernung von Tumoren; Stütz- und Bewegungssystem, z. B. Amputation, Einsatz von Endoprothesen (z. B. künstliches Kniegelenk), Eingriffe an der Wirbelsäule oder der Hand; Gefäß-, Nerven- und Lymphsystem, z. B. Gefäßnähte, Entfernung von Thromben (Blutpfropfen) ; Unfallchirurgie sowie plastische und wiederherstellende Chirurgie, z. B. Eingriffe bei ausgedehnten Verletzungen von Knochen und Haut.

Es kommt bei Operationen erfahrungsgemäß hin und wieder zu einem Zwischenfall – beispielsweise können Gewebe und Organe in der Nähe der Operationsstelle beschädigt werden, es kann zu einer Blutung oder einer Infektion kommen, oder die Wunde heilt schlecht -, aber zum Glück sind diese Risiken dank der Fortschritte in der Chirurgie inzwischen nur noch sehr gering.