Chinin

Chinin war mit das erste Medikament, das gegen Infektionskrankheiten eingesetzt wurde. Auch heute wird es noch zur Behandlung von Malaria verwendet.

Chinin ist ein Mittel, das von den südamerikanischen Indios entdeckt und im 17. Jahrhundert von den Spaniern nach Europa gebracht wurde. Es dauerte zwar noch einige Zeit, bis man erkannte, wie wirkungsvoll dieses – allerdings auch potentiell gefährliche – Medikament ist, doch dann entwickelte es sich zum wichtigsten Wirkstoff gegen Malaria, was es auch bis zum Ende der 50er Jahre geblieben ist. Aufgrund der Resistenzentwicklung (Resistenz = Widerstand) vieler Malariastämme kommt dem Chinin auch heute noch eine gewisse Bedeutung zu.

Fiebersenkende Wirkung

Chinin wird aus der Rinde des Chinarindenbaums gewonnen, der vor allem in den Anden wächst. Von den Indios lernten die Spanier, dass Chinin gegen Fieber hilft. Sicherlich wussten sie aber nicht, dass der größte Wert des Chinins in seiner Wirkung gegen die berüchtigte Tropenkrankheit Malaria liegt. In Europa wurde Chinin unter verschiedenen Namen bekannt, beispielsweise als „Puder der Jesuiten“. Die Jesuiten der südamerikanischen Provinz Loxa kannten das Chinin schon um 1600 und lobten die wohltätige Wirkung des „China-China“, der „Rinde der Rinden“. Chinin war auch als „Puder der Contessa“ bekannt, weil es einer Legende zufolge zum ersten Mal zur Behandlung einer Fieberkrankheit der Gräfin Anna von Chinchon verwendet wurde.

Anwendung

Die Chinarinde enthält viele Wirkstoffe. Derzeit werden nur noch zwei davon häufiger verwendet – Chinin und das eng mit ihm verwandte Chinidin. Chinin spielt auch heute noch eine Rolle bei der Behandlung der Malaria. Obwohl seit längerem intensiv nach Möglichkeiten geforscht wird, bessere synthetische Wirkstoffe herzustellen, ist man durch die Resistenzentwicklung einiger Malariastämme inzwischen wieder sehr auf Chinin angewiesen. Chinin hat sich auch bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen bewährt. In der Praxis wird der dem Chinin verwandte Stoff Chinidin für diesen Zweck verwendet, da er sich offenbar etwas stärker auf das Herz auswirkt als das Chinin selbst. Die chemische Zusammensetzung der beiden Substanzen ist fast identisch. Chinin beziehungsweise Chinidin wirkt hemmend auf die elektrische Aktivität des Herzmuskels. Chinin besitzt eine lokalanästhetische Wirkung, daher es führt zu einer Erregungshemmung in den Muskeln. Die Arzte nennen diesen Zustand Hemmung vom Curare-Typ (Curare ist ein südamerikanisches Pfeilgift), weil Chinin wie Curare lähmend auf die Muskeln wirkt. Deshalb wurde Chinin häufig auch zur Behandlung nächtlicher Muskelkrämpfe verwandt.

Chinin könnte in der Medizin eine noch viel größere Rolle spielen, wenn seine Nebenwirkungen nicht so gefährlich wären, die auftreten, wenn es nicht sehr sorgfältig dosiert wird. Leider besteht nur ein recht kleiner Unterschied zwischen der für die Behandlung von Malaria erforderlichen Dosis und der toxischen, also giftigen Dosis. In toxischen Mengen kann Chinin die Augen schädigen und zu Blindheit führen. Außerdem kann es Gehörverlust, geistige Verwirrung und Koma verursachen und in Einzelfällen tödlich wirken. Erschwerend kommt hinzu, dass manche Menschen aufgrund eines bestimmten Enzymmangels stärker auf Chinin reagieren als andere. Daher wird vor Beginn einer Behandlung oft eine kleine Probedosis verabreicht. Eine schwere Komplikation bei einer Malariatherapie mit Chinin ist die intravasale Hämolyse, daher es kommt zum Zerplatzen roter Blutkörperchen. Diese Komplikation führt in extremen Fällen zum Tod.